Kim Wilde galt immer als die spröde Pop Queen. Vor 35 Jahren hatte sie den Meilenstein gesetzt, mit dem sie zeigte, dass sie mehr zum New Wave passt. Geschrieben von ihrem Bruder und ihrem Vater, ist „Cambodia“ eine Hymne sonders Gleichen. Allerdings anders, als viele im deutschen Sprachraum denken. Es geht um Krieg in Südostasien. „Cambodia“ ist der englische Begriff für Kambodscha. Und hierauf nimmt Kim Wilde Bezug.
Er war in Thailand stationiert und sie seine Braut bei der Airforce. Er flog gewöhnlich an Wochenenden, so was das leichte Leben. Aber dann wendete sich das Blatt, und er veränderte sich. Sie wunderte sich erst nicht, sie dachte nicht daran, dass es seltsam ist. Dann erhielt er einen Anruf, dass er in der Nacht verschwinden soll. Er konnte nicht viel sagen, aber es würde alles gut werden. Er musste nicht packen, sie würden sich in der nächsten Nacht treffen. Er hatte einen Job zu erledigen, nämlich nach Kambodscha zu fliegen.
Als die Nächte vergingen, versuchte sie, sich an früher zu erinnern, an sein Aussehen, an sein Lachen. Sie wird nie erfahren, was in seiner Seele vorging. Sie könnte es nicht herausfinden und nicht ertragen. Er hatte die traurigsten Augen, die je ein Mädchen sah. Er weinte manche Nacht, als habe er in einem Traum gelebt. Und als sie ihn festhielt, suchte er immer ihr Gesicht, als würde sie die Wahrheit kennen: Verschollen in Kambodscha.
Und dann bekam sie einen Anruf. Es hieß, er würde bald zuhause sein. Sie musste Koffer packen, und sie würden eine Verabredung haben. Aber nun ist es ein Jahr her ohne ein Wort. Und all die gekannte Liebe ist in Rauch aufgegangen. Jetzt sind die Jahre vergangen. Und es ist nur eine Sache geblieben, die sie sicher weiß: Sie würde sein Gesicht wiedersehen.
So, einmal komplette Textübersetzung. „Cambodia“ erzählt natürlich eine Liebesgeschichte. Aber irgendwie wie im Pearl-Harbor-Stil. Das Lied ist inspiriert von der zum Teil geheim durchgeführten Bombardierung Kambodschas während des Vietnamkrieges. Die zum Teil recht asiatisch anmutende Instrumentierung unterstreicht das Ansinnen, hier auf den über 10 Jahre dauernden, fürchterlichen Krieg in Südostasien hinzuweisen. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von „Cambodia“ war der gerade einmal 6 Jahre her.
Nach „Cambodia“ war in Deutschland Kim Wilde nie höher platziert. Das Lied schaffte es hier bis auf Platz 2. 11 Wochen lang war es auf Platz eins in der Schweiz. Und mit diesem Lied hatte sich Kim Wilde mit 21 Jahren ein gigantisches Denkmal gesetzt. Wie beeindruckend das Werk ist, hört man ihm irgendwie immernoch an. Aber am Ende müssen wir leider dazu auffordern, dieses Lied nicht als Party-Hymne herzunehmen. Dafür ist das Thema viel zu ernst. Aber das Lied ist halt einfach großartig. Finden Sie nicht auch?