Vor vierzig Jahren lieferte einer der schwermütigsten Rocksongs das größte Saxophon-Solo aller Zeiten ab. Ein Schotte sang über eine berühmte Straße in London und ließ die Tute dazu heulen. Gerry Rafferty machte sich mit „Baker Street“ unsterblich. Und das gilt auch noch ziemlich genau sieben Jahre nach seinem Tod. Die Nummer war damals ein Segen für die Rockmusik. Und es gibt wohl wenige Menschen auf der Welt, die das Lied noch nie gehört haben, nicht zuletzt wegen des Saxophons.
When you wake up it’s a new morning
Du torkelst die Baker Street runter, bist ganz benommen, und deine Füße sind fast abgestorben. Wieder so ein verrückter Tag. Du wirst die ganze Nacht durch saufen und das Alles vergessen. Die Großstadt-Wüste lässt dich frösteln. Sie hat so einen Haufen Menschen, aber sie hat keine Seele. Es hat lang gedauert, bis du herausgefunden hast, dass du falsch lagst, als du dachtest, sie hält alles für dich bereit. Du hast immer gedacht und gesagt, dass es so einfach wäre. Aber du versuchst es jetzt. Noch ein Jahr, dann wirst du glücklich sein. Aber jetzt weinst du.
Die Straße runter ist Licht in seiner Wohnung. Er öffnet die Tür, er hat diesen Blick im Gesicht. Und er fragt dich, wo du warst. Du sagst ihm, wen du getroffen hast. Und du redest über alles. Er hat diesen Traum, ein Stück Land zu kaufen. Dann wird er mit dem Saufen und den One Night Stands aufhören. Und dann lässt er sich nieder in einem stillen, kleinen Nest und vergisst alles. Aber du weißt, er wird immer in Bewegung sein. Du weißt, er wird nie aufhören. Er ist ruhelos wie ein rollender Stein. Wenn du aufwachst, ist ein neuer Morgen. Die Sonne scheint an dem neuen Morgen. Und du gehst heim.
Stealers Wheel und Rechtsstreitigkeiten
Die schottische Band „Stealers Wheel“ wurde Anfang der Siebziger von Gerry Rafferty und seinem Schulfreund Joe Egan in Paisley gegründet. Der größte Hit der Band war „Stuck in the Middle with you“, das man durchaus kennen könnte. Man war sich letztlich uneins darüber, wie die Band weitermachen will, und 1975 war dann Schluss. Und es kam dann zu langen Rechtsstreitigkeiten zwischen Rafferty und Egan. Rafferty begann dann, an einem Solo-Album zu arbeiten und traf sich dann immer wieder mit befreundeten Musikern in der berühmten Baker Street im Bezirk City of Westminster.
Rafferty hatte berichtet, dass sich Egan und er gegenseitig mit Klagen überzogen, und er die langen Zugfahrten zwischen Glasgow und London für Treffen mit Anwälten nutzte. Diese Zugfahrten und die Jam Sessions bei Freunden beeinflussten ihn ebenso wie die Entfremdung des Erzählers aus der schottischen Kleinstadt in der englischen Metropole. Darüber erzählt er in „Baker Street“, dem mit Abstand größten Hit des Musikers, der mit dieser zeitlosen Nummer unfassbar viele Talente an die Saxophone trieb und den Blues Rock mehrheitsfähig machte.
Es ist schon tragisch, dass „Baker Street“ von Enttäuschungen erzählt und der Erzähler gelobt, nicht mehr zu saufen, wenn sich doch der Schotte im wahrsten Sinne des Wortes zu Tode gesoffen hatte. Am 04. Januar 2011 starb der Mann im englischen Gloucestershire, in der Kleinstadt Stroud an Leber- und Nierenversagen. Einen Erfolg wie „Baker Street“ konnte er nie wiederholen, aber dieses Lied bleibt auf ewig mit dem Musiker verbunden.