Wir gehen heute mal musikalisch ins Jahr 2013. Das 12. Album von OMD, „English Electric“ war draußen. Darauf die wunderbar sentimentale Nummer „Night Café“. Was habe ich dieses Lied geliebt, als das Album damals frisch war. Und wann immer ich dazu komme und mir das Lied anhöre, fasziniert es mich aufs Neue. Und das ist es doch, was OMD immer ausgemacht hat. Diese unwiderstehlichen Melodien, gepaart mit den besonderen Texten. Ich hatte mal von den Remixen zum Lied erzählt, aber noch nicht von „Night Café“ an sich.
Sitting in a Night Café
Ich sitze im Nachtcafé wie ein Gemälde von Hopper an einem sehr schlechten Tag. Ich trinke wie früher auf eine Art und Weise, wie du es nicht magst. Und dann kommen und gehen Menschen. Aber wer sie sind, werde ich nie erfahren. Und ich weiß nicht, was sie sagen, und es mir sowieso egal.
Ich sitze in einem leeren Raum in der Mitte am Ende eines verhängnisvollen Tages. Und ich träume wie früher, wie es war, als ich dich traf. Und die Erinnerungen kommen und gehen wie die Schemen auf der Treppe darunter. Wie ein Voyeur im hohen Fenster sehe ich unbemerkt zu, wie du gehst.
Ich sitze im morgendlichen Zug am Sonntagmorgen, und es regnet in Strömen. Und ich sterbe wie früher mit einem Kopf und einem Herzen so voll von dir. Und dann kommen die Gefühle und gehen wieder. Aber wann sie aufhören, werde ich nie erfahren. Ich weiß nichts von dem, was du sagst. Und es mir sowieso egal… Ich sitze im Nachtcafé.
Ende einer Beziehung
Paul Humphreys, Mastermind von OMD, sagte einmal in einem Interview, dass „English Electric“ zum Konzept hatte, dass OMD zurück zu den musikalischen Wurzeln gehen wollten. Sie wollten experimentieren und all das. Allerdings kam ihnen das Privatleben dazwischen. Andy McCluskey hatte sich 2011 von seiner Frau Toni getrennt. Davon erzählt „Night Café“ und auch „Dresden“ vom gleichen Album. Und plötzlich ist da ziemlich viel Melancholie.
Am Ende einer langen Beziehung hockt man vielleicht total leer da. Vielleicht sitzt man ja auch in so einem Café, das die ganze Nacht offen hat. Und man hat dann viel Zeit, um Leute zu beobachten. Und vielleicht kommt einem der strömende Regen zupass. All das spielt mit in dieses wunderbare Musik, das sie „Night Café“ genannt haben. Andy McCluskey sagte, dass er nach der Scheidung und dem Verlust seiner Kinder nichts dämlicheres zu tun hatte, als über den Schmerz zu schreiben.
Bis heute ist „Night Café“ ein ganz edles Stück Elektronikmusik. Aber Leute, was ist denn das für ein Video? Schaut euch mal an, was man sich dazu ausgedacht hatte. Aber vielleicht hängt das auch mit all den wirren Gedanken zusammen, die man am Ende einer Beziehung hat. Insofern stimmt am Ende wirklich alles rund um dieses fantastische Stück voller Melancholie und Musikalität. Es ist halt so typisch OMD, dieses „Night Café“.
Das Lied
„Night Café“ braucht keinen Refrain, kein Sonstwas. Der „Hook“, der Aufhänger, sozusagen, ist die grandiose Synthie-Melodie. Wie kann man nur immer auf solche Melodien kommen? Sagenhaft. Dazu diese ganze Aufmachung. Ich mag das Lied sehr, wie ich weiter oben bereits aufgeschrieben habe. Und dann komme ich mit dem offiziellen Musikvideo um die Ecke. Das ist auch wieder so eine Sache: Wer kommt auf sowas? Großartig.
Und es ist am Ende ohnehin vollkommen egal, dass sich weder das Album „English Electric“ noch eine der Singles auch nur ansatzweise irgendwo platzieren konnte. Diese Jagd hatten sie schon lange aufgegeben. Und so wäre es kein Wunder, wenn ihr von dem Lied noch nicht wirklich viel gehört habt. Aber so ungefähr klangen OMD im Jahr 2013.