Falco, oder bürgerlich Johann „Hans“ Hölzel, starb heute vor 20 Jahren in der Dominikanischen Republik. Ein Bus rammte seinen Geländewagen. Bei ihm wurden ein hoher Blutalkoholwert und große Mengen an Drogen gefunden. Bei dem Unfall war er sofort tot. Der Tod und das Lied „Out of the Dark“ wurden zu einem Mysterium. Aber sie gehörten entgegen der landläufig verbreiteten Theorie eben nicht zusammen. Falco ist bis heute eine Art Enfant terrible der Musikgeschichte. Und ich möchte einfach ein paar Takte dazu schreiben.
Von Hans zu Falco
Mitte Februar wäre er 61 Jahre alt geworden. Er besuchte eine Privatschule. Und als er 10 war, verließ der Vater die Familie, wodurch sich ein inniges Verhältnis zur Mutter heraus bildete. Er gründete mit Freunden eine Band, spielte erst Gitarre und wechselte dann zum E-Bass. 1977 zog er nach Berlin, wo er das Neujahrsspringen der Vierschanzentournee sah. Dort beeindruckte ihn der DDR-Skispringer Falko Weißpflog derart, dass Hölzel den Künstlernamen Falco annahm.
Erste Untergrund-Erfolge folgten. Und der Wiener machte sich allmählich einen Namen. Aber eben als Falco. Ob es nun die „Hallucination company“, die Punk-Band „Drahdiwaberl“ oder er solistisch war, das Entfant terrible nahm Gestalt an. Und sein erster richtiger Gassenhauer „Ganz Wien“ war in aller Munde.
Krimi, Sex und Drogen
Es folgte 1982 „Der Kommissar“, was er unter den Eindrücken seiner Gastrolle in einer österreichischen Krimi-Serie schrieb. Es gilt als das erste kommerziell erfolgreiche Rap-Lied eines Weißen. Noch dazu im Wiener Schmäh. Ähnlichkeiten zum „Plumpsack“ sind wohl durchaus gewollt. Es folgten „Auf der Flucht“ und „Junge Römer“ und 1985 schließlich das legendäre Album „Falco 3“.
Produziert von Rob & Ferdi Bolland, brachte es das rockige „Rock me Amadeus“ hervor, in welchem Wolfgang Amadeus Mozart als Punker der Klassik dargestellt wird. Und es brachte das unerreichte „Jeanny“ ans Tageslicht, das am heftigsten diskutierte Musikstück der österreichischen Musikgeschichte. Was wurde nicht alles gemutmaßt: Stalking, Vergewaltigung, was auch immer. Vielleicht handelt „Jeanny“ ja auch von einer nicht ganz normalen Liebesbeziehung? Falco und die Bolland-Brüder überließen die Wertung anderen.
Man unterstellte Falco die Verherrlichung von Vergewaltigung und Mord. Radiostationen boykottierten das Lied. Dabei geht aus dem Text eindeutig hervor, dass Jeanny lebt. Und eigentlich ist „er“ das Opfer, wie man im oben verlinkten Video sehen kann. Nach einem Jahr wird „er“ aus der „Klapsmühle“ entlassen, was dann in „Coming Home (Jeanny Part II)“ ausgiebig thematisiert wird. Aber Falco als schlimmer Finger war geboren. Und das wurde er auch nie wieder los. Vielleicht war das beabsichtigt?
Musikalische Experimente
Es folgte das Album „Emotional“ mit der gleichnamigen Single und eben jenem „Coming Home“. Aber eröffnet wurde der Reigen mit dem Lied „The Sound of Musik“ um die Waldheim-Affäre des damaligen Bundespräsidenten Kurt Waldheim. Diese Nummer gilt als eines der besten und ironischsten Lieder Österreichs. Falco kam dann mit dem Album „Wiener Blut“, was aufgrund verschiedener Produzenten-Teams musikalische Experimente aufwies. Es war lange nicht mehr so erfolgreich. Das setzte sich mit „Data de Groove“ 1990 fort. Dort findet sich mit „Bar Minor 7/11 (Jeanny Dry)“ der Abschluss von Jeanny.
Das finanzielle Fiasko setzte sich mit dem Nachfolger „Nachtflug“ fort, woraufhin sich Falco zurückzog. 1996 erschien seine Single „Mutter, der Mann mit dem Koks ist da“ mit der doppeldeutigen Verwendung des Wortes „Koks“. Das schnelle Eurodance-Stück knüpfte an alte Erfolge an. Es wurde wie der Nachfolger „Naked“ nicht unter dem Namen Falco, sondern ersteres als „T>>MA“ und letzteres als „T>>MB“ veröffentlicht.
Musikalisches Denkmal
Das Album „Out of the Dark (Into the Light)“ folgte Ende Februar 1998, drei Wochen nach dem Tod von Falco. Zuvor wurden psychische Probleme des Musikers bekannt. Auch wurde bekannt, dass seine vermeintliche Tochter Katharina-Bianca nicht seine Tochter war. Falco hatte sich auf die Dominikanische Republik zurückgezogen. In das meistverkaufte Falco-Lied „Out of the Dark“ wurde eine Ankündigung zum Selbstmord hinein interpretiert. Allerdings schrieb Falco den Text Jahre zuvor. Und das aus der Sicht eines verzweifelten Drogensüchtigen.
„Out of the Dark“ handelt von einer Scheidung, nach der der Protagonist in eine Depression verfällt. Der Ausweg heißt Heroin. Die Scheidung ist „Dark“, die Drogen das „Light“. Die Selbstmord-Theorien wurden durch „Muss ich denn sterben, um zu leben“ gesponnen, allerdings niemals endgültig bestätigt. Durch dieses seit 20 Jahren bestehende Mysterium hat sich Falco posthum ein musikalisches Denkmal gesetzt.
Egal wie, er war ein Großer. Hat experimentiert, gewonnen und verloren. Muss ich denn sterben, um zu leben? Seine Musik lebt.
Ja, aber der Sinn hinter „Out of the Dark“ war ein anderer. Der hatte nichts mit Selbstmord-Fantasien von ihm zu tun.
Aber natürlich war er ein Großer. Er hatte immer die Grenzen ausgelotet. Und das hatte ihn ausgemacht.
Schöne Takte hast geschrieben.
Aber da ich Todestage nicht so mag, schrieb ich zwar zu seinem posthumen 60´er etliche Artikel, heuer aber nicht.
Und ja, alles war gewollt, alles war Show, bis er nur mehr Show war. Von Hans bleib nur mehr Falco übrig und den vereinnahmte die österr. Promilenz bis zum geht nicht mehr.
Man braucht nur einem profunden Kenner der hiesigen Szene zuhören, Rudi Dolezal, Teil der ehem. kongenialen Torpedo-Twins „DoRo“.
(Ich durfte die beiden (und viele ihrer Stars (von Ambros über Mercury bis Zappa usw.)) kennen lernen, hatte Jahre in der Szene zu tun (Filmemacher)).
Ja, Falco war ein Ausnahmekünstler, doch auch er konnte der Tretmühle des Showbiz nicht entkommen. Wo künstlerische Höhenflüge, auch die eines Falken, schnell zum Geier Sturzflug werden. Höhe erreichen sie dann alle nur mehr mit chemischer Unterstützung …
Was ich besonders cool finde, ist die heutige Jugendarbeit der Falco Privatstiftung – hier lebt der Falke weiter in den Liedern und Rhythmen der Jugend – die ihn nimmt wie er war, interpretiert wie sie wollen. (Wobei: Die haben heute keinen solchen Idole mehr, wie wir sie in den 80ern hatten.)
Das stimmt, Falco war schon eins dieser besonderen Idole. Ein anderes, das aber zur jämmerlichen Gestalt mutiert ist, ist ja Billy Idol.
Mit so Leuten aus der Szene direkt zu tun zu haben, ist sicher eine sehr spannende Sache. Man kann da lernen, wie es eigentlich geht. Insofern ist dein Kommentar sehr interessant. Vielen Dank dafür.
Ich denke, Du kennst Dich da auch aus, dies zeigen die fundierten Artikel aus der Musikszene. Etwa zu einer der besten Formationen aller Zeiten: OMD. Das lese ich auch gerne und staune über die Details, über die Analysen zu den Beweggründen zu diesen Popklassikern.
Denn diese Leute, inkl. FALCO hatten noch echte Motive um diese musikalischen Botschaften zu bringen. Im Gegenteil zu den künstlich generierten Hüpfdohlen und Kreischbubibands von heute, äh. seit langem.
Wir gehören zu einer Generation, welche die Laufbahnen echter Kreativ-Größen indirekt (oder auch direkt*) mit erlebte. Wir haben den Zeitgeist gar mitgeprägt. Wir kauften die damals verbotenen, indexierten Platten div. neuer Künstler, welche von öffentl. Sendern boykottiert wurden, wir fanden immer einen Weg unser Taschengeld/Lehrlingsentschädigung dafür auszugeben. Auch ohne Internet.
So entstanden die Legenden des Genres, denn ohne uns Abnehmer wären alle Musik- u. Filmstars nichts.
Dazu kam, unsereins lebte div. wilde Botschaften wirklich aus, oder inspirierte Songwriter u. Drehbuchschreiber zu einigen starken Stoffen. Will das nicht weiter vertiefen… ;-) Aber es ist wahr. Auf einiges bin ich stolz, auf anderes nicht.
(Letzteres können aber auch viele „Stars“ behaupten – sofern sie die wilden Zeiten überlebt hatten – was nicht jedem gelang…)
*) Ja, ich hatte früher (nach den „wilden Jahren“ s.o.) direkt mit u. in der Szene zu tun (Beim Film hpts.). Später, als das weltweite Leben „aus dem Koffer“ zu viel wurde, kam die Reporter-Karriere. Was wieder mitten in die Promi-Szene führte.
Dann kam man mit den Idolen der Jugendzeit in Kontakt, lernte einige von anderen Seiten kennen. Sah deren, zum Showbiz völlig konträre Lebensweise und bei anderen widerum die authentische Art.
Heute kann man das alles aus einer erwachsenen Distanz betrachten und auf die Zeit zurückblicken als „man jung war und das Geld brauchte“ ;-)
So, jetzt komme ich zur Antwort.
Ja, diese Jammerlappen im Formatradio sind schlimm. Es gibt so gut wie keine Musik von heute, die ein ähnliches Niveau wie Falco, OMD und Co. vorweisen. Das wirkt alles wie Fast Food im Vergleich zu Sterneküche.
Na klar, schreibe gern mal zu Themen aus der Musikwelt. Ob das jemandem passt oder nicht. Aber wenn ich einen Fan von Justin Bieber dazu bringe, dass sie oder er sagt, Musik der achtziger und neunziger Jahre war gar nicht so schlecht, hab ich was erreicht.
Ja, es ist auch immer wieder eine schöne Zeitreise, wenn Du die Pop/Rock/…-Klassiker unserer Generation wieder zeigst.
Klar, an Musik und Filmen sieht man wie die Zeit rast – denn wenn ich da lesen muss: „Africa von Toto … 35 Jahre her …“ wird einen schwindlig wie Käpt’n Kork, Spuck und Schrotty im Space-Taxi.
Andererseits hoffe ich, viele Leser verbinden diese Artikel mit ihrer persönlichen Zeitreise und erinnern sich eher an die schönen Erlebnisse… Ich tue das in jeden Fall!
> „Das wirkt alles wie Fast Food im Vergleich zu Sterneküche.“
Alles? Ne, es gibt auch heute einige ganz wenige neue Künstler, die auch gut sind. Ist evtl. ne subjektive Meinung und ich will die jetzt nicht mit dem hervorheben eines einzelnen Künstlers untermauern. Mir fällt auch grad keiner ein. Aber manchmal stolpert man drüber…
> „Aber wenn ich einen Fan von Justin Bieber dazu bringe“
– Also Du warst das – der so viele, so junge Leute in so vielen Youtube Kommentaren dazu bringt genau diese Aussage zu treffen!?
Tatsache: Schau mal in die Kommentare bei manchen großen „Oldie“-Song – da beneiden uns Teen´s, dass wir zur aktiven Zeit der großen Stars schon dabei waren. „ooochh … ich bin erst 10, hätte XXX soooo gerne live gesehen“ (XXX=man kann viele echte Stars einsetzen).
Dh. da waren bei manchen jungen Fan noch nicht mal dessen Eltern geplant – als wir die Konzerte der Legenden von heute besuchten und deren Botschaften bis heute pflegen, gar wieder beleben wie hier …
Danke dafür!
Joar, es sind meistens nicht die großen Hopsebuden-Reißer, die ich da habe. Sondern es sind meistens Lieder, die mir in irgendeiner Weise etwas gegeben haben. Und es freut mich, wenn dir die kleine Zeitreise zu jedem Lied zusagt.
Ja, ich habe vielleicht etwas übertrieben, als ich von „Alles“ schrieb. Es gibt ja glücklicherweise noch mehr, als die flugs zusammen geschusterten Drei-Minuten-Ex-und-Hopp-Nummern aus dem Formatradio. Ja, ich war derjenige, der den einen Justin-Bieber-Fan bekehren wollte.
Mit den Kommentaren bei Youtube hast du natürlich ebenfalls Recht. Ich habe schon so viele Lieder aus der „guten, alten Zeit“ gefunden, wo genau so etwas als Kommentar drunter stand. Ich war bei OMD, als die Band Ende November in Leipzig war. Dort habe ich im Vorfeld von Teenagern zu hören bekommen, dass die es schade finden, dass es solche Bands kaum noch gibt. Es ist also noch nicht alles verloren.