In memoriam: Mit dieser lateinischen Phrase gedenkt man lieber Menschen. Das kennt ihr alle. Nein, es geht nicht um Verstorbene im Artikel. Mir geht es um ein ganz bestimmtes Lied, was mich quasi durch die Pandemie begleitet hat. Es erschien kurz bevor das Alles anfing. Und es hat sich bis heute in meiner Playlist gehalten. Und der Musiker Ben Böhmer ist einer derjenigen, die so eine Art Vorbild für mich sind, was meine Musik betrifft. Gucken wir uns das mal an.
Als ich ins Refugium zog
„In memoriam“ bedeutet ja „In Gedenken an“ oder „zur Erinnerung an“. Insofern passt das Stück ganz gut. Es ist eine Art Denkmal, wie fragil unsere Gesellschaften sind. Ich bin Anfang 2020 über diese fantastischen Piano-Akkorde gestolpert, hatte mir allerdings nichts dabei gedacht. Das änderte sich, als es dann hieß, dass die, die es einrichten können, mal lieber von zuhause aus arbeiten sollen. Diesem Ruf folgte ich damals im März 2020.
Plötzlich, mehr oder weniger über Nacht, hatte sich die Welt komplett verändert. Statt im Büro hockte ich fortan etwas verloren auf viel zu kleinen Möbeln mit einem viel zu kleinen Notebook-Monitor. Daran muss man sich erinnern, wenn man vielleicht denken sollte, dass alles mehr oder weniger selbstverständlich ist. Und das ist mein „In Memoriam“. Denn die Pandemie-Zeit hatte noch ein paar weitere Katastrophen an Bord. Und irgendwie war da immer Ben Böhmer der musikalische Begleiter.
Musik fragt nicht, Musik ist einfach da
Als meine Mutter nach langer Krankheit starb, als mich die Pandemie an den Rand des Wahnsinns brachte, als ich komplett ausgelaugt war, als sich meine Frau neu erfinden musste: Immer hatten mich die paar atmosphärischen Piano-Akkorde begleitet. Und sie haben es eben nicht noch schlimmer gemacht, sie waren irgendwie nur da. Und das war zu den Zeitpunkten immer vollkommen ausreichend. Musik muss eben einfach nur da sein.
Wenn du danach schaust, wer mal die These verbrochen hat, dass Musik keine Fragen stellst, kommst du zu irgendeinem Buch über Mason und Grace. Das ist aber nicht das, was ich meine. Leider habe ich nicht herausfinden können, wer das mal gesagt haben könnte. Aber es trifft genau zu. Deshalb mache ich ja Musik. Und auf „In memoriam“ trifft es ebenfalls zu, da dieses großartige Instrumentalstück eben einfach da ist und seine Piano-Akkorde spielt.
Ben Böhmer: In Memoriam
Der deutsche Elektronik-Musiker und DJ Ben Böhmer-Bärtel brachte am 22. November 2019 auf dem Label Anjunadeep sein Debüt-Album „Breathing“ heraus. Das beginnt mit eben jenem „In Memoriam“. Ziemlich exakt zu der Zeit, als ich ins Refugium verschwand, kam das Stück dann als Single auf den Markt. Und es kam in meinen Kopf und ging dort nicht mehr weg. Bis heute verfolge ich, was der Dreißigjährige aus Göttingen so treibt. Und er ist sich treu geblieben.
Und bis heute gilt: Seine Musik ist einfach da, wenn sich sonst keine Sau mehr für dich interessiert. Ich habe keine Ahnung, wie er das macht. Aber er hat schon einen sehr speziellen Stil mitten im Melodic House. Und dort ungefähr will ich mich ja auch immer einordnen. Ich muss mal rausbekommen, wie der Kerl das macht. Das ist unfassbar. Jetzt habe ich so viel über „In Memoriam“ erzählt, jetzt sollt ihr das ja auch hören:
Ich fand die geradezu explodierende Kreativität der Musikschaffenden während Corona einfach fantastisch! Sie konnten nicht auftreten, also kam vieles aus den Wohnzimmern. Hab‘ damals eine lange Playlist angelegt:
Corona Songs Worldwide
https://www.youtube.com/playlist?list=PLuF_IRNtwj-qQeiw3EPiDl5s-IQ_f71Hl
Sehr gut, Claudia. Das stimmt, da wurde viel ausprobiert, da die Musiker ja eh nichts anderes machen konnten.