Die Band Icehouse aus Australien dürfte einigen etwas wegen „Hey, little girl“ sagen. Aber kennt irgendwer das großartige Stück „Electric Blue“? Es ist lang her. Aus diesem Grund müssen wir uns mal eben mit diesem Liedchen beschäftigen. Bei mir hatte es sich jedenfalls sofort in den Gehörgängen festgesetzt. Und wie ist das bei euch? Was macht „Electric Blue“ bei euch?
What can I do, Electric Blue?
Wenn ein Junge eine Chance bei jemanden wie dir hätte, wirst du ihm das Herz brechen? Lässt du ihn um den Mond weinen? Versteckst du dich ganz einfach hinter diesen Augen?
Ich hatte einen Traum. Für einen Moment habe ich geglaubt, er wäre wahr. Ich hätte alles gegeben, nur um bei dir zu sein. Versteckst du dich ganz einfach hinter diesen Augen?
Ich erstarre einfach jedes Mal, wenn du mich durchschaust. Und das hat alles mit dir zu tun, elektrische Melancholie. Ich bin auf meinen Knien. Hilf mir. Sag mir, was ich tun kann, elektrische Melancholie. Zu tief drinnen stehe ich hier und warte, wenn ich entzwei breche, elektrische Melancholie. Ich kann es einsehen, dass es vielleicht nur ein Traumbild von dir ist, elektrische Melancholie.
Männerfressende Traurigkeit
„Electric Blue“ – ich bin nicht so richtig zufrieden mit „elektrische Melancholie“ – war die einzige Single, die Icehouse in Australien bis auf Platz 1 brachte. Geschrieben wurde dieses gefällige Stück vom Sänger der Band, Iva Davies, und dem Kopf von Hall & Oates, John Oates. Die kennt ihr auch nicht? „Maneater“ war deren größtes Stück.
1987 warfen Icehouse „Electric Blue“ auf den Markt. Vor der ganzen Digitalisierung und dem Internet und all der Beschleunigung dauerte es dann ungefähr ein halbes Jahr, bis die Nummer den Weg in die USA und nach Europa fand. Das war fünf Jahre nach dem Welthit „Hey, little girl“. Aber im Gegensatz dazu war „Electric Blue“ in Europa praktisch völlig unbekannt.
Der Text ist natürlich Unfug. Aber das ist eben auch nicht schlimm. Bei solchen Pop-Rock-Nummern mit New-Wave-Einschlag war das ja normal. Es ist nun einmal eine seichte Jammer-Nummer, dass sie ihn förmlich mit Blicken entwaffnet. Nun ja, so war halt die Musik in den Achtzigern. Denkt ihr nicht auch?
Was für eine Musik!
„Electric Blue“ halte ich – neben all dem seichten Inhalt – für eine unfassbar gelungene Komposition. Iva Davies und John Oates haben hier von der Melodie und dem Arrangement her wirklich alles gegeben. Und wenn die Nummer keine Icehouse-Veröffentlichung geworden wäre, hätte John Oates das Lied mit Darryl Hall veröffentlicht.
Icehouse hatten eh immer wieder großartige Lieder veröffentlicht. Allen voran das in Europa als Megahit gefeierte „Hey, little girl“ von 1982. „Electric Blue“ ist anders. Etwas langsamer, etwas stampfender und mit wesentlich ausgefeilterer Melodie. Wie gesagt, im Heimatland Australien markierten Icehouse damit ihren größten Hit.
Mit den dazu gehörigen Alben ist es ähnlich wie mit „Hey, little girl“ und „Electric Blue“. Denn in Europa war „Primitive Man“ von 1982 ein unfassbarer Album-Erfolg, in Australien das spätere „Man of Colours“. Geschmäcker sind halt verschieden. Und irgendwie ist bis heute die Band unterwegs mit ihrem unglaublich melodiösen Stil.
Freilich, an Erfolge wie die beiden Singles konnten sie nie wieder anknüpfen. So ist das eben. Aber vielleicht machen sie sich darüber genau so wenige Gedanken wie OMD. Denn denen sind ja Platzierungen auch komplett egal. Deshalb kommen bei den Briten auch Werke wie „The Punishment of Luxury“ zustande.
Das Lied
Jetzt habe ich mal langsam genug geschrieben. Nun wollt ihr sicherlich auch mal was hören. Ich habe den „Extended Mix“ des unfassbaren „Electric Blue“ herausgesucht. 1987 hatten sie eben noch von Hand eingespielte Lieder mit einem Remix aufgepeppt, der dann durchaus auch mal auf die 8 Minuten zugehen könnte. Also dann bitteschön:
Hallo Henning,
ein wirklich gut geschriebener Beitrag über eine meiner Lieblingsbands aus den 80ern die ich noch selbst im besten Alter miterleben und ertanzen durfte.
Icehouse haben mit den beiden von Dir beschriebenen Singles richtig durchgeschlagen.
Iva Davies als sehr guter Guitarplayer und Sänger mit guten Bandmitgliedern. Er selbst war oder ist auch als Model unterwegs. Schon damals tolle Videos. Im Ledermantel mit Stiefeln und Langhaartolle ist und bleibt einfach cool. Iva tourt ja bis heute ganzjährig durch die Clubs in Australien. Leider gibt es seit Jahren keine Planungen für Konzerte in Europa. Nun gut, tauchen wir einfach in die Musik ein und begeben uns wieder auf eine Zeitreise mit Icehouse.
Gruss aus Berlin