Meat Loaf kennt man hierzulande wahrscheinlich nur durch Lieder wie „I’d do anything for love“ oder „Two out of three ain’t bad“ oder vielleicht noch „Bat out of hell“. Dabei hatte der Sänger noch viel mehr Musik auf Lager. Zum Beispiel die solistische Ära, zu der das Lied „Midnight at the Lost and Found“ gehört. Es ist eben dieses Album mit dem Titelstück. Und das passierte komplett ohne Jim Steinman, der die großen Welterfolge für Meat Loaf schrieb. Man hatte sich schwer verkracht. Das Album fiel größtenteils bei den Fans durch. Aber dennoch finde ich das Titelstück sensationell, weil komplett anders.
Midnight at the Lost and Found
Hey Ricky, mein Glas ist. Nimmst du auch noch einen Drink? Wir können zusammen rumhocken. Es scheint, als ob morgen überfällig ist. Captain Video ist schon heim gegangen. Ein Pilot legte sich zur Ruhe. Und die Drachenladies quatschen dieses Zeug darüber, wer wen liebt und wer der Beste darin ist.
Nimm einen Doppelten, es wird spät. Du wirst heim kommen. Verlass dich auf dein Schicksal. Endlich ist hier mal was los. Die guten alten Kumpels sind auch angekommen. Die Plätze wechseln schnell, und die Nacht rutscht uns aus den Händen. Wie bei einer Fernbeziehung wird man bald schon den Preis bezahlen.
Man hält es gerade noch so aus, macht sich per Anhalter aus dem Staub. Mausetot und begraben, es ist der Schmerz, Junge, den du heute spürst. Silberne Kugeln in der Jukebox drehen noch eine Runde. Ihr alle am Ende der Warteschlange, es ist Mitternacht im Fundbüro. Es ist Mitternacht im Fundbüro. Verlorene Seelen auf der Jagd. Ein Heilmittel für alle deine Wehwehchen gibt es im Fundbüro.
Die gottverlassene Kneipe
Eigentlich ist es totaler Blödsinn, „Lost and Found“ zu übersetzen. Denn „Lost and Found“ ist eine Kneipe, in der die einsamen Seelen sich betrinken und eine abgeranzte Nummer für eine Nacht suchen. Da ist nicht viel von dem Pathos übrig geblieben, der vom großen Retter der Welt erzählt, der als Fledermaus aus der Hölle kommt und die Welt seiner Liebe zu Füßen legen will. Statt der großen 10-Minuten-Metal-Oper mit voller Inbrunst kam Meat Loaf 1983 mit einem Country-Rock-ähnlichen Schunkellied mit Apres-Ski-Charakter um die Ecke.
Aber das war mir völlig egal. Ich fand das Lied immer irgendwie super. Dabei sollte das Album eigentlich ganz anders werden. Jim Steinman und Meat Loaf waren zwar heillos zerstritten, aber vertraglich aneinander gebunden. Und so sollten auf dem Album eigentlich „Total Eclipse of the Heart“ (DER Welthit für Bonnie Tyler) und „(Making Love) Out of nothing at all“ (DER Welthit für Air Suppy erscheinen. Meat Loaf hatte aber abgelehnt. Ebenso war er mit völlig neuer Band unterwegs, in der unter anderem der Springsteen-Schlagzeuger Max Weinberg trommelte.
An der Ladentheke war das Album „Midnight at the Lost and Found“ eine Katastrophe. Ich schrieb ja, dass es bei den Fans durchfiel. Nicht mal Meat Loaf gefiel, was er da selbst zu den Liedern beisteuerte. Und so bleibt „Lost and Found“ bis heute eine Sammelstelle für verlassene Seelen. Und bei den Fans bleibt das Titelstück bis heute eins der schlechtesten Lieder für Meat Loaf. Ich finde es wie gesagt großartig. Es hat etwas erfrischendes. Und wer will, sollte dazu vielleicht einen oder zwei Schnäpse trinken.