Im Jahr 1983 erfreuten uns die Puhdys mit der bemerkenswerten Platte „Computer-Karriere“, die voller Einflüssen der Neuen Deutschen Welle und New Wave zusammen gezaubert war. Aber es gab auch großen Progressive Rock. Auf dem Album finden wir als letztes das Lied „Schöpfung“. Und das ist ein wahrer Hinhörer, finde ich. Es war groß, es war monumental, und es behandelte die biblischen Themen. Nicht umsonst ist das Lied die Schöpfung. Als ich damals die Platte geschenkt bekam, hatte mich von Anfang an dieses Lied beeindruckt. Und heute schreibe ich darüber.
Die Schöpfungsgeschichte
Die Erde war wüst und war leer. War nur aus Wolken und Meer. Gras war und Tier. War nur das Dunkel, und war nur das Licht, bis der Mensch wie ein Wunder erschien. Die Erde fand Form und Gestalt. Städte entriss er dem Wald. Er war ihr Herr. Selbst aus dem Dunkel machte er Licht, weil der Mensch jedes Wunder enthüllt.
Die Erde trägt leicht und trägt schwer, leichter den Pflug als das Schwert. Trägt dich und mich. Seh’n ohne Bangen Dunkel und Licht, wenn der Mensch nicht das Wunder zerbricht. Was er bewahrt, und was er zerstört, ist die Welt, die allen gehört. Und was er teilt, und was er vermehrt, ist die Welt, die keinem alleine gehört, die allen gehört.
Lyrik und Hardrock
Die Puhdys waren irgendwie immer so etwas wie die Scorpions des Ostens. Und neben dem großen Hardrock-Gepolter, was die Scorpions mit Liedern wie „Rock you like a Hurricane“ fabrizierten, hatten sie auch immer den Sinn für das Lyrische. Auch das hatten die Scorpions drauf. Deshalb passt der Vergleich ganz gut. Nur schrieben die Hannoveraner alles selbst, die Berliner bekamen öfter mal die Texte geschrieben. So stammt der Text zur „Schöpfung“ vom Lyriker Wolfgang Tilgner. Und der mahnte mit dem Lied, dass der Mensch sich zu Unrecht als der Herrscher der Welt ansieht.
Als neun- oder zehnjähriger Junge begriff ich damals natürlich nicht die vollständige Tragweite des Liedes. Wolfgang Tilgner hebt hier den Zeigefinger und erinnert daran, dass die Welt niemandem gehört und niemand mit ihr tun kann, was er will. Die biblische Schöpfungsgeschichte wird gern als Wunder angesehen. Der Text mit der dramatischen, donnernden Instrumentierung ist eine zeitgenössische Interpretation der gleichen Geschichte. Und irgendwie ist das Lied aktuell wie nie. Denn der Mensch zerstört gerade wieder die Welt. Und deshalb müssen solche Lieder gehört werden.