Ich war damals 5, als Bruce Springsteen vor 35 Jahren mit seinem Album „Darkness at the edge of town“ um die Ecke kam. Sein damals erstes kommerziell erfolgreiches Album brachte keine großen Hits unters Volk, gilt aber bis heute als eines der besten Rockalben der Musikgeschichte.
Jeder hat eine dunkle Seite an sich. Jeder kennt die „Dunkelheit am Rande der Stadt“. Und die kenne ich auch. Ich möchte mal kurz ein paar Worte zu diesem Lied loslassen, auch weil Bruce Springsteen gestern 64 Jahre alt wurde.
Die mahnenden Worte im Text lauten:
Tell her there’s a spot out ’neath Abram’s Bridge
And tell her there’s a darkness on the edge of townSag ihr, dass es eine Laterne unter „Abram’s Bridge“ gibt.
Und sag ihr, dass es dunkel ist am Rande der Stadt.
Nein, ich möchte nicht zu sehr ins Private abdriften. Es ist nur halt so: Wenn man einmal die Dunkelheit kennengelernt hat, also wenn man sich einmal die Finger verbrannt hat, dann weiß man, wo es heiß werden kann.
Jeder kennt das Ungewisse. Mancher scheut den Nervenkitzel bei unbekanntem. Mancher fordert den Nervenkitzel förmlich heraus. Und mancher hat ihn kennengelernt und warnt davor. Pass auf vor der Dunkelheit! Es gibt eben Dinge, die man unbedingt will. Und die gibt es nur in der Dunkelheit am Rande der Stadt, wo keine Laterne mehr hin scheint.
Das sind auch die Geheimnisse, die man keinem erzählt. Und die einen jeden dann in der Nacht plagen. Die Abgründe in jeder Seele möchte man selbst kaum erforschen. Man hat Angst vor sich selbst. Aber das gehört dazu, wenn man diese Dunkelheit erfahren will.
Zu dieser Dunkelheit gehört auch die eigene Vergangenheit. Manche trüben, bösen, dunklen Dinge aus der Vergangenheit möchte man gern für immer hinter sich lassen. So wie Deutschland bis 1945 die Dunkelheit am Rande der Stadt durch den Nationalsozialismus erfahren hat. Und in diesen Bereich möchte man kein Licht mehr scheinen lassen. Jeder Mensch hat auch seine eigenen dunklen Momente in der Vergangenheit. Die bleiben meistens geheim und werden niemals mehr von einer Lampe angeschienen.
Die Dunkelheit am Rande der Stadt, jeder kennt sie. Nicht jeder ist dazu in der Lage oder hat den Willen, diese Dunkelheit ans Licht zu holen. Ich habe immer wieder Respekt vor denen, die genau das machen. Das ist meistens sehr schonungslos für sie selbst und für deren Umfeld. Lässt man einmal die Dunkelheit ans Licht, kann sie sehr schmerzhaft für jeden sein.
Ja, ich denke, Bruce Springsteen nimmt auf solche Sachen Bezug, von denen ich eben geschrieben habe. Die Dunkelheit ist eben auch das, was man hierzulande nur zu gern als den Teppich ansieht, unter den man alles unliebsame kehren kann. Wehe dem, der nachsieht, was sich unter ihm befindet.