Kraftwerk, die Götter der elektronischen Musik, streiten sich seit 17 Jahren gerichtlich mit Moses Pelham über die Verwendung eines Musikschnipsels. Unfassbar. Es geht um einen zwei Sekunden langen Ausschnitt, den Moses Pelham widerrechtlich benutzt haben soll, welcher aus „Metall auf Metall“ aus dem Trans Europa Express von 1977 stammt. Und darüber gibt es seit 1999 eine fortwährende gerichtliche Auseinandersetzung. Ich halte das für verrückt. Aber ich bin ja auch kein Urheber. Oh, Moment, bin ich ja doch. Naja, egal, was ist das Problem?
Das ist eben jenes „Metall auf Metall“ als Zwischenspieler der Elektronik-Sinfonie „Trans Europa Express“ von Kraftwerk. Das Werk hatte damals unter anderem Ralf Hütter geschaffen. Und es geht um den charakteristischen Rhythmus ab Sekunde 35. Und der soll in „Nur mir“ von Sabrina Setlur 1997 verwendet worden sein. Und zwar in Dauerschleife. Produziert wurde das damals von Moses Pelham. Und der Rhythmus soll hier zu hören sein:
So richtig viel Übereinstimmung finde ich nicht. Es kann auch sein, dass es die falsche Version ist. Wer weiß. Jedenfalls führen Hütter und Pelham einen erbitterten Rechtsstreit über jenen 2-Sekunden-Rhythmus, der als Sample verwendet worden sein soll. Das Ganze zog sich schon mehrmals durch alle möglichen rechtlichen Instanzen. Stellen Sie sich einmal das ganze Geld vor, was dabei verbrannt wurde. Und irgendwie treibt dieser Rechtsstreit auch einen gewaltigen Keil in die Musikbranche. Mit dabei unter anderem Sarah Connor, Bushido und andere.
Wie dem auch sei, es geht irgendwie schon lang nicht mehr um irgendeine Verwendung eines Samples. Wobei nicht mal das feststeht, weil Pelham angeblich alles neu eingespielt haben will. Es geht um die Glaubensfrage: Recht auf Kunstfreiheit gegen Recht auf Remix. Als Hütter, Bartos, Schneider und Flür 1977 das Album geschrieben und produziert haben, gab es noch lange nicht solche technischen Möglichkeiten wie jetzt. Und deshalb sieht Komponist Hütter selbstverständlich „Metall auf Metall“ als Kunst an.
Heutzutage nimmt sich ein mittelmäßig begabter DJ einfach irgendeinen Fetzen Musik und bastelt daraus mehr oder weniger schnell einen „Track“. „Lied“ wird das schon lang nicht mehr genannt. Und bei zwei Sekunden wird eben noch keinerlei urheberrechtliche Schöpfungshöhe erreicht. Aber das Tonträgerhersteller-Recht wird verletzt. Denn hier geht es eben auch um die Produktion, nicht etwa um die Komposition. Und hier werden sich Gerichte noch viele Jahre streiten dürfen.
Am Ende geht es um Hip Hop. Dieser Musikstil lebt vom Sampling. Es ist nur eben so, dass man da trotzdem Nutzungsrechte und dergleichen benötigt. Bei den genannten zwei Sekunden könnte es sich durchaus um einen ganzen Takt handeln, und somit könnte ein ganzes Lied aus diesem Sample bestehen. Wenn sich Pelham denn die Rechte besorgt hätte, wäre das kein Problem. Eine Frage ist keine Klage. So aber hat Pelham die Rechte verletzt. Irgendwo habe ich gelesen: „Geklaut ist geklaut“. Das trifft es nicht ganz. Aber Rechte wurden nun einmal verletzt.
Wenn ich mich an das legendäre „Neonlicht“ von Kraftwerk erinnere, fällt mir gleich mal „Neon Lights“ von OMD ein. Eine waschechte Cover-Version. Gefragt, Rechte bekommen, fertig. So hätte es Pelham auch machen können. Und zwar völlig unabhängig davon, ob es sich um Hip Hop oder Oper handelt. Wenn ich nicht das Recht habe, darf ich eine Sache auch nicht verwenden. Mehr gibt es eigentlich auch nicht zu sagen.
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