The River – das Titelstück seines 1980er Doppelalbums: Es gibt wenige Lieder von Bruce Springsteen, die großartiger sind. Das Werk geht unter die Haut. Die Geschichte im Lied mag fiktiv sein, aber sie ist bittere Realität in den USA. Vielleicht passiert sie gerade wieder, während Sie diesen Artikel lesen. Das Lied war niemals Single, gehört aber zum bekanntesten Liedgut des Rockers aus New Jersey. Und weil das Lied so großartig ist und sich die Veröffentlichung des Albums gerade zum 36. Mal jährt, schreibe ich mal über das Lied.
Er kommt von da unten aus dem Tal, wo man, wenn man jung ist, beigebracht bekommt, alles so wie sein Vater zu tun. Er lernte Mary in der High School kennen, als sie gerade 17 war. Sie fuhren hinaus aus dem Tal, dorthin, wo die Felder grün waren. Sie gingen runter an den Fluss… Mary wurde schwanger von ihm. Das war alles, was sie schrieb. An seinem 19. Geburtstag bekam er eine Karte und einen Hochzeitsanzug. Sie gingen runter zum Gericht, dort wurde alles klargemacht. Nichts mit Hochzeitsglocken und Kirche, Mary hatte auch kein Hochzeitskleid an. In dieser Nacht gingen sie runter an den Fluss…
Er bekam Arbeit und ging für Johnston auf Montage. Zuletzt gab es wenig zu tun wegen der Rezession. Aber das ist für ihn nicht mehr wichtig, das ging in Luft auf. Er handelt so, als würde er sich nicht erinnern. Mary tut so, als sei es ihr egal. Aber er erinnert sich, wie sie mit dem Auto seines Bruders durch die Gegend düsten. Unten am Stausee war ihr Körper so braungebrannt und klitschnass. Die ganze Nacht waren sie wach, er hat sie eng an sich gezogen und ihren Atem gespürt. Diese Erinnerung verfolgt ihn wie ein Fluch. Ist ein Traum eine Lüge, wenn er nicht wahr wird? Sie gingen runter zum Fluss, und in den sind sie hinein gesprungen. Und dann sind sie den Fluss hinunter gefahren.
The River ist die Geschichte von Springsteens Schwester Ginny und ihrem Mann. Dies wurde dann auch später auch so bestätigt. Im Lied werden die Schwierigkeiten der amerikanischen Wirtschaft dargestellt, die mit der lokalen Kultur verbunden ist. Diesen Stil nahm Bruce Springsteen in der Folge immer wieder mit auf seine künftigen Alben. Und live während Konzerten wurde das Lied immer zu einem wahren Opus, weil er vor dem eigentlichen Lied immer eine Geschichte erzählte. In dieser Geschichte ließ er immer die Hosen runter, denn er kam mit ganz persönlichen Erinnerungen.
Als er aufwuchs, hatten sich er und sein Vater über alles mögliche in den Haaren. Er hatte mit 17 oder 18 schulterlange Haare, und sein Vater hasste es. Nach diesen Streitereien verbrachte er immer viel Zeit außer Haus. Das war im Sommer kein Problem mit der Wärme und den Kumpels. Aber im Winter stand er in der Stadt im Wind, und er hatte da so eine Telefonzelle, in der er sich verdrückte. Und er rief seine Freundin an, nur um zu reden. Letztlich ging er wieder heim, wo sein Vater auf ihn wartete. Er konnte sich seinem Vater nie erklären.
Nach einem Motorradunfall wurden ihm die Haare geschnitten, wofür er seinen Vater hasste. Der sagte, dass er es nicht erwarten kann, bis ihn die Armee holt, um einen Mann aus ihm zu machen. Das war zu der Zeit von Vietnam. Alle Kumpels wurden eingezogen, und einige kamen nie wieder. Er erinnert sich an seinen Einberufungsbefehl, den er versteckte. Sie stiegen in den Bus zur Untersuchung und hatten enorme Angst. Aber er versagte und kam zurück nach Hause. Dort wartete sein Vater, dem er das erzählte. Und der antwortete, dass das eine gute Nachricht war.
Das Lied wurde weltbekannt durch die tief bewegende Mundharmonika. Zusammen mit der eindringlichen, ernsten Geschichte ist The River eins der besten Stücke, die Bruce Springsteen jemals veröffentlicht hatte. Es wird ein Mann skizziert, der seine Träume und Ziele korrigieren muss, weil das Leben sich geändert hat. So geht es vielen Amerikanern der Mittelschicht. Und die persönliche Geschichte haben auch viele Amerikaner so erlebt, weshalb man bei The River durchaus auch von einem amerikanischen Epos reden kann.
Danke fürs teilen! Berührende Geschichte, ich glaube so kann man eine Menge über Kultur lernen. Musik und Songgeschichten sind einfach so großartig!
Herzliche Grüße aus Düsseldorf 👋🏻
Gern geschehen. Ja, ich denke auch, dass man in Lieder unheimlich viel ausdrücken kann. Aber eben nur, wenn man sich wirklich Gedanken macht, was man vermitteln möchte.