Wie ihr wisst, bin ich ein großer Musikfreund. Und da ich auch Genussmensch bin, passt es, dass ich stapelweise Tonträger besitze und immer wieder neu entdecke. Ja, liebe Kinder, es gab mal Zeiten ohne Spotify, TikTok, YouTube und all dem Algorithmus-gesteuerten Kram. Es gab mal eine Zeit, in der man bewusst eine Schallplatte aufgelegt hat und sich etwa eine Dreiviertelstunde intensiv mit einem Künstler beschäftigt hatte. Zwischendurch musste man sogar aufstehen. Und es gab keine App dafür. Ich liebe es total.
Alter, wir müssen dir vernünftige HiFi-Technik raussuchen
Ich habe einen guten Bekannten, der ebenso ein völlig Irrer ist, was Musik betrifft. Der macht eine Wissenschaft aus allem, was mit Musik zu tun hat. Und der weiß ja nun mal, dass ich Musik mache und Musik liebe und höre und all das. Und der weiß auch, dass ich Tonträger in Mengen besitze. Schallplatten und CDs, die Musik-Kassetten waren mir dann doch irgendwann zu viel. Tja, und so hat er mir Zeug rausgesucht. Ihr wisst ja, wie das bei mir mit der Musik war.
Ich hatte eine Zeit lang einen Koffer-Plattenspieler. So ein 30-Euro-Ding, was quasi nach nichts klingt. Und nun habe ich richtige Technik. Viel zu lang habe ich auf sowas verzichtet, denn – nun ja – Spotify und Co. tun es ja auch. Soll ich euch was verraten? Einen alten Scheiß tun sie. Die denken, die können darüber bestimmen, was mir gefälligst zu gefallen hat. Und was für einen Mist die sich trauen, mir vorzusetzen. Irgendwie hatte ich es schon bedauert, meine Platten nicht hören zu können.
Jedenfalls habe ich nun seit längerer Zeit die richtige Technik. Und es ist was anderes, nebenbei irgendeinen Streaming-Dienst dudeln zu lassen, wenn du das vollständige Erlebnis hast: Die Anlage anschalten, im Plattenregal nach einer Platte suchen, sie aus der Hülle nehmen und die Rillen betrachten, die Hülle untersuchen, als ob man sie das erste Mal in der Hand hat und dann die Musik laufen zu lassen. Das ist mein Erlebnis. Die Dreiviertelstunde ist meins. Das klaut mir niemand.
Mit CDs ist es das Gleiche, nur ist das haptische Erlebnis dann ganz anders. Aber auch hier ist es so wie bei meinen Schallplatten. Du verbindest irgendwie mit jedem einzelnen Tonträger irgendeine Geschichte. Ich liebe es bis heute, wie Chris de Burgh „Ship to Shore“ singt oder Bruce Springsteen den „Ghost of Tom Joad“ vor sich hin nuschelt. Ach, und der ganze OMD-Kram und meine Maxi-Singles und Raritäten. Tja, liebe Kinder, das kennt ihr alles nicht. Für das Erlebnis bin ich meinem Bekannten sehr dankbar.
Meine liebsten Tonträger
Ja, ihr werdet es vermutlich ahnen, aber es gibt so Tonträger, die kann ich immer wieder hören, die nutzen sich nicht ab. Da ist nix dran, bei dem man denkt: Boah, schon wieder! Es sind einfach Tonträger für die Ewigkeit. Und ich mache nicht mal Werbung für die Dinger. Für mich haben sie dann einfach mal ihre eigene Story.
- Depeche Mode – „Black Celebration“: Das ist für mich das große Meisterwerk der Band. Ich habe hier lang und breit darüber erzählt, da muss ich nicht ausholen.
- Puhdys – „Computer-Karriere“: Meine Mutter, die alte Rocker-Lady, hielt mir die Scheibe vor die Nase. Eine Kreuzung aus NDW, New Wave und Hard Rock. Ein bisschen Weltverbesserer, ein bisschen Klamauk. Was für ein Knaller!
- Achim Reichel – „Wahre Liebe“: Ich war 20, die erste große Liebe war vorbei. Und der Rattles-Mensch wurde mir von der Rocker-Lady empfohlen. Keine „Fliegenden Pferde“, dafür Kuddel. Irgendwie bis heute eine Offenbarung.
- OMD – „Sugar Tax“: Tja, es ist halt OMD. Aber lest einfach hier nach, was ich darüber zu erzählen habe.
- Sidney Youndblood – „If only I could“: Bis heute liebe ich diese Maxi. Auch die beiden B-Seiten-Tracks sind wunderbar. Der US-Sänger hatte da ganz groß aufgefahren.
- Cozm*Oz*One Introducing Beverlee – „The Atmosfear“: Für mich die beste Maxi aller Zeiten. So viel Raum, damit sich diese Nummer entfalten kann! So viel von allem. Großartig
Ach, ich könnte stundenlang aufzählen. Wie gesagt, es ist was anderes, Musik irgendwo aus dem Internet dudeln zu lassen, wie Musik aus einer Hülle zu holen und sie in ein Gerät zu packen. Deshalb freut es mich ja, dass Platten seit einiger Zeit wieder Aufwind haben. Vor allem Schallplatten halte ich für die idealen Tonträger, um Musik zu erleben. Darüber geht eben einfach nur noch live. Und wenn du einmal deine Liebe dafür entdeckt hast, gehst du mit all dem Zeug sorgsam um.
Was will ich denn damit eigentlich sagen?
Ich weiß, dass CDs und Schallplatten einfach mal Tonträger sind, die unpraktisch sind, weil man die Dinger einfach in kein Handy rein geprügelt bekommt. Tja, Pech gehabt. Aber die ganze Nummer, Musik wieder auf die Art zu erleben, hat mich eines gelehrt: Musik ist ein enorm wichtiges Mittel, um dem ganzen Irrsinn da draußen zu entfliehen. Und bei einer Schallplatte noch viel mehr als bei einer CD. Die Platte hast du eben im Plattenspieler und musst sie wenden. Die Zeit musst du dir nehmen. Punkt.
Aber dafür wirst du eben entschädigt. Es ist jedes Mal ein Abenteuer, die Schallplatte aus dem Schrank zu holen, aus der Hülle zu fummeln und aufzulegen. Jedes Mal wieder schaue ich ganz verzückt auf die Cover, wie bei dem vom OMD-Album „Architecture and Morality“. Das bietet dir nun einmal niemals ein gestreamtes Stück Musik. Du hast eben einfach das gesamte haptische Erlebnis nicht. Und egal, wie doof das jetzt klingt, aber: Du verpasst da was, und ich kann nicht erklären, was das genau ist.
Das muss man auch nicht erklären. Musik ist eben einfach da. Sie nimmt dich mit auf eine Reise, und die beginnt damit, dass Musik ausgewählt und aus einer Hülle geholt werden will. Jedes Mal aufs Neue ist es das Gleiche. Und ich will es nicht mehr missen, Musik auf einem Tonträger zu genießen. Denn sie entführt dich in eine andere Welt, und der Irrsinn da draußen kann dir gestohlen bleiben.
Ja, genauso ist es, Henning! Allerdings bei mir sind es CDs, die ich liebe. Mit Schallplatten kann ich aufgrund meiner Behinderung nicht gut halten. Aber dafür habe ich um die 200 CDs. :-) Hauptsächlich Rock.
Lorenzo
Hallo Lorenzo,
sorry, mit 10 Tagen Verspätung komme ich mit einer Antwort.
Gut, ich kann das natürlich mit deiner Einschränkung nicht nachvollziehen. Aber wenn du für dich einen Weg gefunden hast, ist doch alles super.