Mehmet Scholl und Oliver Kahn sind in die Schusslinie geraten. Nicht, weil ihnen Sachverstand fehlt. Sondern weil sie Unmassen an Geld kosten sollen. Heißt es. Die Behauptung kommt vom Mediendienst „Kress“ und dort speziell aus der kostenpflichtigen EPaper-Publikation „kress pro“. Unter dem Titel „Mein teurer Scholli“ wird von Millionen-Honoraren erzählt. Da sowohl Kahn als auch Scholl für die Öffentlich-Rechtlichen Sender die Experten sind und dort ihre Kommentare abgeben, kann man schnell hergehen und sich fragen, ob die beiden „das deutsche Volk“ ausnehmen.
Jetzt wird eine wilde Hetzjagd auf die beiden ehemaligen Nationalspieler veranstaltet. Jede noch so popelige Publikation will nun erfahren haben, dass die beiden ein Millionen-Honorar dafür erhalten, dass sie bei ARD und ZDF mit dem Matthias Opdenhövel und dem Oliver Welke kurzweilige Spielanalysen zur Fußball-Europameisterschaft in Frankreich veranstalten. Ihnen spricht niemand den fußballerischen Sachverstand ab. Es handelt sich wohl nur um die Höhe der Gage. Und wenn man so ein bisschen kramt, dann landet man irgendwie immer beim obigen EPaper.
Ich habe mal eine kleine Suche veranstaltet. Und ich habe irgendwie überall gesehen, dass im Text zu jeder Unverschämte-Honorare-für-Scholl-und-Kahn-Meldung irgendwas zu lesen ist wie „Laut Branchendienst kress pro“ oder irgendwas in der Art. Selbst Kress verweist auf sich selbst. Und gegen diese Ausführungen gegen Kahn und Scholl, irgendwas um die 16 Millionen Euro Honorar für den Zeitraum der EM zu erhalten, haben sich die ehemaligen Fußballer natürlich zur Wehr gesetzt.
Wenn etwas dran ist an den Zahlen, wäre interessant, wie denn Kress an diese gekommen ist. Wenn die aber doch nicht ganz so stimmen, wie sie es verkünden, wäre interessant, wieso der Mediendienst das so macht. Jedenfalls haben sich Scholl und Kahn geäußert und die Zahlen mehr oder weniger als Humbug betitelt. Jetzt kann man natürlich mutmaßen, dass der Mediendienst Kress sein kostenpflichtiges EPaper nur bekannter machen wollte und deshalb sozusagen die Werbetrommel gerührt hat. Auf irgendwelche Quellen bezieht sich das EPaper, also kann da schon etwas dran sein.
Es gibt viele, die immer wieder kritisieren, wie viel Geld für Fußball-Übertragungen ausgegeben wird. Gerade die Öffentlich-Rechtlichen Sender stehen da immer wieder in der Kritik. Und da ist es natürlich ein gefundenes Fressen, wenn ein Mediendienst eine relativ neue Publikation, die Geld kostet, bekannter machen kann, indem so ein Bericht gekonnt überall lanciert wird. Aber selbst wenn die Zahlen so stimmen: Würden Sie lieber einen TV-Experten bei der Europameisterschaft haben wollen, der zwar nichts kostet, dafür aber nur in der Kreisliga gespielt hat?
Der Deutsche ist da wirklich komisch. Das Beste vom Feinsten will der Deutsche haben. Aber kosten darf es nichts. Scholl und Kahn sind nun einmal jeder eine Marke für sich. Die haben alle beide einen Marktwert. Und den lassen die sich natürlich bezahlen, wenn so ein sportliches Großereignis stattfindet. Denken Sie, dass Katharina Witt bei Eiskunst-Weltmeisterschaften ihre Kommentare nur für eine warme Suppe ablässt? Die wird wohl auch ihre Stange Geld kosten. Oder nehmen wir Franziska van Almsick bei Schwimm-Weltmeisterschaften. Oder Stefan Kretschmar beim Handball.
Es dürfte keine Überraschung sein, dass Weltmeister, Europameister, Olympiasieger, die bei sportlichen Großereignissen exklusiv als Experten eingekauft werden, nicht für einen Heller Fuffzig zu haben sind. Und ehrlich, bei solchen Ereignissen wollen wir sie auch sehen. Und wenn wir das so wollen, dann dürfen wir uns auch nicht über solche hohen Honorare wundern. Sonst gehen halt Kahn und Scholl bei der Fußball-WM 2018 woanders hin.