Das Thema ist ein eher schwieriges. Ich habe auch so meine Probleme, mich darin zurecht zu finden. Und zwar aus zwei Gründen: 1. Ich spiele keinen professionellen Fußball. 2. Ich bin nicht homosexuell. Aber ich will trotzdem mal meine Gedanken dazu sortieren.
Der Journalist Adrian Bechtold hat im Magazin „Fluter“ ein Interview veröffentlicht, dass er angeblich mit einem homosexuellen Fußballer geführt hat. Es handelt sich um eine beklemmende Atmosphäre, da der Profi – wohl aus der Bundesliga – sich nicht outen kann. Das Outing, so viel habe ich verstanden, ist ein wichtiger Schritt im Leben eines Homosexuellen. Es gehört aber dazu und ist deshalb so wichtig, weil erst dann derjenige oder diejenige wirklich ungehemmt sein Leben leben kann.
Ich möchte – bevor ich weiterschreibe – kurz zum besten geben, dass ich keinerlei – nun ja, wie sagt man das – „Schwierigkeiten“ (?) mit unseren homosexuellen Mitbürgern habe. Ich glaube, viele haben so etwas wie Berührungsängste. Es galt ja lang die Angst, man könne sich anstecken. Das ist natürlich Unsinn.
Ich habe in meinem Leben einige Homosexuelle kennengelernt. Für die, die es nicht glauben wollen: Es sind tatsächlich Leute „wie du und ich“. Klar, man kann auch sehr extrovertiert wie Harald Glööckler sein. Aber im Normalfall sind es wirkliche Kumpels. Und falls es jemand nicht glaubt, mit den meisten kann man besser reden und fachsimpeln und diskutieren, weil sie eben nicht beweisen wollen, dass sie besser sind in irgendwas.
Warum schreibe ich überhaupt „sie“? Irgendwie klingt das in diesem Zusammenhang, als würde ich von einer „anderen Sorte Mensch“ schreiben. Das ist auch Unfug. Der Schwule oder die Lesbe (so heißt das doch, oder?) sind ganz normale Menschen. Sie sind nicht krank oder so. Alle Theorien in diese Richtung sind glatter Schwachsinn.
So denken viele inzwischen. Im Fußball soll das etwas anderes sein. Im Fluter-Interview wird mit einem angeblichen Profi ein Interview geführt, der Angst davor hat, sich zu outen. Sonst ist das sicher schon schwer für die- oder denjenigen. Für einen homosexuellen Profi-Fußballer – so kann ich mir das zumindest vorstellen – muss das eine fürchterlich schwere Last sein. Es hat ja nichts damit zu tun, dass man irgendwem irgendein Missgeschick oder einen Fehler gesteht. Ich kann es nicht beschreiben, weil es mich nicht betrifft, aber gerade in einem Sport wie Fußball, der vom Mumm und von der Manneskraft lebt, ist wahrscheinlich durch ein Outing dann auch ganz schnell eine Karriere zu Ende. Und deshalb schlägt sich der angebliche Profi weiterhin mit seinem – nun ja – Doppelleben herum. Ich kann es ja nicht einschätzen, aber das muss sehr schwer sein.
In dem Interview, was man da lesen kann, wird auch mit den typischen Klischees gespielt. Und das lässt mich dann doch aufhorchen. Es wird das Klischee zum Leben erweckt, was wohl während des Duschens nach einem Spiel passiert. Ich brauche das nicht auszuführen, jeder hat sicher schon einmal die Szene mit der heruntergefallenen Seife gehört.
Natürlich muss da eingehakt werden. Das Portal „11 Freunde“ nimmt hierzu das ganze Interview auseinander. Ich weiß nicht so richtig, was ich von so etwas halten soll. Philipp Köster hat natürlich Recht: Die Klischees werden gewälzt. Man kann in das Interview viel hineingeheimnissen. Das Interview wirft viele Fragen auf. Und überhaupt geht alles nicht tief genug. Aber ich nehme einfach mal an, dass irgendwas an dem Interview stimmt.
Warum auch nicht? Wir haben schließlich einen schwulen Außenminister. Gut, das ist ein schlechtes Beispiel. Ein anderes? OK, Berlins regierender Bürgermeister. Auch kein gutes Beispiel? Nehmen wir die Musik: Wie sieht es aus mit der Band Gossip? Homosexualität – und das ist das wirklich gute an der Sache – ist zentral in unserer Gesellschaft verankert. Oder anders ausgedrückt:
Homosexualität gehört zu Deutschland.
Die Ängste, die ich oben geschildert habe, die nennt man ja Homophobie. Und ich kann mir vorstellen, dass in einem „Sport für echte Kerle“, was Fußball nun mal ist, diese Ängste noch verbreiteter sind als in irgendeinem anderen Sport. Aber warum? Wenn es nun wahr ist, dass es diesen homosexuellen Fußball-Profi in der Bundesliga gibt, und wenn der sich outen würde, was würde dann passieren? Der Blog Metalust nennt die Konsequenz dann, dass der Spieler “geothert”, ge”die da”t wird.
Da kann der Spieler noch so ein herausragend guter Spieler sein. Er wäre raus. Seine Leistungen würden das aber nicht rechtfertigen, es wäre nur seine sexuelle Orientierung. Und das darf doch nicht sein. Oder sehe ich das falsch?
Ich denke, dass Deutschland hier noch nicht weit genug umgedacht hat. Aber mal ehrlich, würde man sich wirklich – sagen wir mal – in Grund und Boden schämen, wenn aktuelle Nationalspieler homosexuell wären? Wäre es wirklich so schlimm, wenn Deutschland einen homosexuellen Bundespräsidenten hätte? Ich glaube, Deutschland ist viel weiter, als viele glauben.
Natürlich gibt es die Prolls, die einem Schwulen die Hand nicht geben würden, weil man sich ja mit einer gefährlichen Krankheit infizieren könnte. Aber ich glaube, eine so weltoffene Nation wie Deutschland kann es sehr gut ab, dass Homosexualität weit verbreitet ist. Und das ist alles andere als etwas negatives.
Ich kann natürlich niemandem vorschreiben, dass er / sie sich nun zu outen hat. Da ich weiß, dass dieser Schritt so schwierig ist, kann ich mit Fug und Recht sagen, dass das jeder für sich selbst entscheiden muss. Aber er wird dadurch nicht von einer Sekunde zur anderen ein anderer oder gar schlechter Mensch. Und das werden auch die Fußballfans irgendwann wissen. Man muss nicht heterosexuell sein, um ein guter Fußballer zu sein.
Ich denke, damit habe ich erst einmal alles gesagt. Das Thema hat mich jetzt ein paar Tage verfolgt. Man denkt sich beim Lesen des Interviews: He, das kann doch alles gar nicht stimmen. Aber dann kommt die Vernunft um die Ecke und gibt an: Warum eigentlich nicht, ist doch etwas normales.
Und so musste ich das Thema mit einem Artikel verarbeiten. Ich lade auch ganz herzlich zur Diskussion unten im Kommentarbereich ein. Was denken Sie über folgende Aspekte?
- Das Interview von Adrian Bechtold
- Die Replik dazu bei „11 Freunde“
- Homosexualität im Fußball
- Homosexualität ist gesellschaftsfähig