Die Bay of Fundy ist ein Naturphänomen mit ihren mächtigen Gezeiten, die es seit der Jura-Zeit gibt. Diese Gezeiten macht man sich nun zu nutze. Zeit wird es. Denn wir müssen den Klimawandel verlangsamen. Dabei gibt es eher weniger unterschiedliche Meinungen. Klar ist, dass man mit erhobenem Zeigefinger nicht weiterkommt. Aber was Sustainable Marine Energy da in Nova Scotia, Kanada, treibt, das ist sensationell. Deshalb erzähle ich euch mal eben davon. Es geht um das Monstrum da oben im Bild.
Was ist so besonders an der Bay of Fundy?
Die Fundy-Bucht – global eben Bay of Fundy – liegt an der Ostküste Kanadas. Zwischen den kanadischen Provinzen Nova Scotia auf der Atlantik-Seite und New Brunswick auf der Festlandseite befindet sich am Golf von Maine diese Bucht. Sie ist rund 220 km lang und etwa 60 km breit. Der Name kommt daher, weil portugiesischen Siedlern die längliche Bucht auffiel. Und „langer, tiefer Fluss“ heißt wohl auf Portugiesisch „Rio Fondo“.
Jedenfalls ist die Bay of Fundy weltweit unter Wissenschaftlern bekannt wie ein bunter Hund. Denn die Bucht hat ja – wie alle Meeresbuchten – mit Gezeiten zu tun. Und die sind an der Stelle, die ihr unten auf dem Foto seht, am höchsten auf der ganzen Welt. Die Bay of Fundy hat einen maximalen Tidenhub – so nennt man das – von 21 Metern. Dabei werden unfassbare Kräfte entwickelt. Und die macht man sich nun zu nutze.
Gezeitenkraftwerk oder nicht?
Gezeitenkraftwerke kennt die Welt seit dem 17. Jahrhundert. Immer wurde der Tidenhub der Gezeiten genutzt. Damals hatte man diesen im Ärmelkanal zwischen England und Frankreich genutzt. Während meiner Schulzeit wurden Gezeitenkraftwerke auch mal besprochen. Ich kann mich dunkel an die riesigen Monster bei Murmansk und auf Kamtschatka erinnern. Natürlich: „Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen“, wie es immer hieß.
Jedenfalls befindet sich das größte dieser Bauwerke derzeit auch in der Bay of Fundy, nämlich das „Annapolis Tidal Power Plant“ mit einer Leistung von 20 Megawatt. So eine Anlage funktioniert grundsätzlich wie ein Staudamm. Um Elektrizität zu erzeugen, nutzt man eine möglichst hohe Differenz zwischen Hoch- und Niedrigwasser, also den Tidenhub. Die jeweilige Bucht, hier die Bay of Fundy, wird abgedämmt. Im Deich arbeiten Turbinen, durch die das Wasser der Gezeiten durchgedrückt wird.
Nun ist das, was ihr oben im Bild seht, nicht mal ansatzweise vom Antlitz her mit einem Gezeitenkraftwerk vergleichbar. Ist es denn dann eins? Ich würde sagen: Ja. Und das Wichtigste dabei ist: Es wird derart viel erneuerbare Energie erzeugt, dass man 3000 Haushalte in Nova Scotia versorgen und dabei 17000 Tonnen CO2 einsparen kann. Und das ist doch am Ende das Entscheidende, wie ich auch bei anderen Projekten schrieb.
Was ist das nun für ein Ding?
Die Anlage schimpft sich „PLAT-I 6.40“ und stammt vom Unternehmen Sustainable Marine Energy. Das sitzt auch in Nova Scotia. Die ganze Anlage ist eine große Plattform, auf der sich Gezeitenturbinen befinden. Die Gezeiten treiben die Turbinen an, die sich dann unter Wasser befinden. Und die schicken dann über Generatoren und einem fetten Unterseekabel ihren erzeugten Strom an Land. Hier könnt ihr das nachlesen.
Damit die ganze Plattform nicht umher geschleudert wird und womöglich abtreibt, wird sie am Meeresboden in der Bay of Fundy verankert. Wie die Anlage zusammengebaut wurde, hat der Hersteller hier dokumentiert. Und dieser Tage wurde sie nun zu Wasser gelassen. Es ist dabei nicht die erste Anlage dieser Art, die in Betrieb ging, nicht mal die erste dieses Herstellers. Eine zweite befindet sich schon seit 2018 in der Bay of Fundy in Betrieb.
Unterm Strich können wir aber behaupten, dass es vielleicht doch möglich ist, den Klimawandel etwas zu verlangsamen. Ja, ich höre es schon: „Na, ob das Alles menschgemacht ist…“ – Ist das nicht egal? Wichtig ist doch, dass wir von den fossilen Energieträgern weg müssen. Und dabei können solche Anlagen wie das Monstrum oben, das in der Bay of Fundy liegt, doch helfen, oder? Es ist ein veritables Gezeitenkraftwerk, das seinen Teil zur Energiewende beiträgt.
Hi Henning,
ja, das Thema Wasser zur Energiegewinnung zu gewinnen ist echt nicht neu. Deshalb heißen so viele Flüsschen und Bäche halt eben Mühlbach – weil man schon vor hunderten von Jahren Flusswasser (am Anfang per Wasserrad bei Getreidemühlen, später dann als Fliesswasserkraftwerk zur Stromerzeugung nutzte) . Ein paar Kilometer von hier haben wir ein historisches – gebaut um 1900.. ein Novum ist das ebenfalls hier gebaute Koepchenwerk – ein Pumpspeicherkraftwerk. Wasser hat schon eine enorme Kraft – und der Vorteil: Ebbe und Flut kommen jeden Tag wieder – sind also nicht so unkalkulierbar wie Sonnenkollektoren. Und 21 Meter Tidenhub ist natürlich eine irre Nummer. Da möchte ich kein Haus am Strand haben… Vor allem wenn es bei Ebbe gebut wurde.. :-)
Und ich hoffe, dass nicht irgendwann jemand auf die Idee kommt unser Trinkwasser mit einer Energieumlagesteuer zu belasten.. ;-)
Ich denke auch, dass das ein uraltes Thema ist. Stimmt, Mühlbach gibt’s häufig. In Leipzig gibt es mehrere Mühlgraben, das ist ja vergleichbar.
Dass die 21 Meter Tidenhub genutzt werden sollen, ist schon irgendwie nachvollziehbar. Warum denn auch nicht?
Na, erstmal legt doch Nestlé viel Wert darauf, genügend Trinkwasser für den Konzernumsatz fördern zu können. Inwieweit die einer Energieumlagesteuer zustimmen, kann man nur schätzen. Aber das geht nur, wenn die auch mitspielen. (Oh, Sarkasmus.)