Dialog ist besser als Beschimpfungen

Dialog ist, erst zu hinterfragen und dann eventuell zu prügeln, statt gleich zu prügeln. Wissen auch die wenigsten von uns lieben Deutschen. Als am Freitag Abend RB Leipzig beim 1. FC Köln zu Gast war, brüllten die so genannten Kölner Traditionsfans: „WIR. HASSEN. OSTDEUTSCHLAND.“, als der Kuschelclub vom Rhein zurücklag. Keine Frage, das hat auch seinen Ursprung in der Abneigung gegenüber dem Fußballclub vom Elsterbecken. Aber damit gleich den ganzen Osten zu verunglimpfen, ist einfach mal das: Scheiße.

Dialog heißt erstmal, miteinander zu reden

Ja, die Nummer in Köln ist nur eine der vielen Geschichten rund um die neue Entfremdung zwischen Ost und West. Oftmals heißt es doch „Die Ossis sind alles Nazis“ und „Die Wessis sind alle hochnäsig“. Sich mit mit anderen Dingen zu beschäftigen, fällt vielen gar nicht mehr ein. Als ich mich zu dem, was die Sportschau im Spielbericht gezeigt hatte, bei Mastodon geäußert hatte, wurde mir erklärt, dass es ja um „Wir hassen Ostdeutsche“ oder um „Wir hassen ostdeutsche AFD-Wähler“ gegangen sein muss.

Meine Fresse, macht es das besser? Wer meinen Blog verfolgt, weiß ja, dass ich mit der blaubraunen Brut nichts, aber auch gar nichts am Hut habe. Aber man hasst mich eben auch, obwohl man mich nicht kennt. Alter, wie sehr kann man seinen Arsch offen haben? Sorry für die Wortwahl. Und in der Argumentationskette kommt dann vor, dass man ja wisse, was man gelernt hat.

Was hat man denn gelernt? Und wo? Jetzt sagt mir nicht, es sei die Schule des Lebens. Ihr wollt mich doch verarschen. Redet miteinander. Ich kenne Menschen, die überzeugt waren, dass nur dieses rechtsradikale, blau angemalte Gesindel von Höckes Gnaden das Land wieder auf Kurs bringt. Und dann findet man raus, dass es nur die Schwafelei war, nicht etwa die Inhalte. Zeigt man die Inhalte, ist es schnell vorbei mit der Schwärmerei.

Lupenrein

Es wird ja auch gern davon erzählt, dass Politiker hier im Osten nicht so sehr die lupenreinen Demokraten seien. Aber in den veralteten Bundesländern sind sie es? Ausnahmslos? Und was bedeutet „lupenrein“ überhaupt? Das ist der größte Reinheitsgrad bei Diamanten. Auch bei zehnfacher Vergrößerung unter dem Mikroskop kann ein geübter Fachkraft keinerlei Einschlüsse feststellen. Das erwartet ihr von ostdeutschen Politikern, während die anderen Geldkoffer unterschlagen?

Ja, ich verallgemeinere hier auch. So wie ihr. Hätten wir mal alle den Dialog gesucht. Aber über andere zu reden, ist halt einfacher, als mit ihnen. Woher will jemand aus – sagen wir mal – Rheinland-Pfalz oder aus dem Saarland wissen, wie jemand aus Brandenburg oder Sachsen tickt? Wie will jemand von dort einschätzen können, wie die Leute hier sind, wenn man nicht mal eine Sekunde hier war oder sich generell mit den Menschen hier beschäftigt hatte?

Aber gern mal irgendwas von hier fordern, was dort schon nicht eingehalten wird. Nee, danke. Und das ist das mit dem fehlenden Dialog. Ich wurde ja schon als „Nazi“ betitelt, nur weil ich aus dem Osten komme. Ich habe bitteschön alles so zu akzeptieren, was mir vorgesetzt wird. Aber wehe, den „Wessis“ wird irgendwas vorgesetzt, da gibt es die großen Diskussionen. Ja, auch das ist zu allgemein. Aber das ist mir vollkommen egal, da ich genau diesen Eindruck bekomme.

Die Mauer

Ich hab es schon mal im Blog erzählt. Mir hat mal jemand aus einem westlichen Bundesland erzählt, man müsse die Mauer wieder hochziehen und den Ost zuscheißen. DAS, liebe Freunde aus den veralteten Bundesländern, ist die Meinung, die dem Osten seit der Wiedervereinigung pausenlos entgegenschlägt. Und wir sollen uns nicht so haben? Dialog? Den wollt ihr doch gar nicht. Und wenn doch, dann beweist es mal. Ich habe da nämlich so meine Zweifel.

Da, wo die Mauer stand, existiert inzwischen das Grüne Band. Aber die Mauer in den Köpfen, wurde im Laufe der Zeit einfach noch etwas höher gezogen, und rissige Fugen wurden abgedichtet. Niemand will mehr irgendeinen Dialog. Vielleicht wäre allen etwas geholfen, wenn man die Reportage von Jessy Wellmer (ARD) sehen würde. Sie stammt aus Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern. Und sie hat hier eindrücklich ein paar Dinge aufgezeigt. Darunter geht es weiter.

Russland, Putin und wir Ostdeutsche - Eine Reportage mit Jessy Wellmer | 45 Min | NDR
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Natürlich sind nicht alle im „Gelobten Land“ mit einem goldenen Löffel geboren worden. Aber vielleicht sollten alle mal damit aufhören, auf den Osten einzudreschen. Ach ja, da höre ich es schon: „Erst dann, wenn ihr lernt, euch zu benehmen“. Und da ist es wieder: Dieses Herablassende, was ich so verabscheue. So kommen wir in keinen Dialog. Das kann doch aber nicht der Sinn einer Gesellschaft sein. Und am Ende gewinnt nur der blaubraune Nazi-Verein, den wir alle eigentlich nur loswerden wollen.

5 Replies to “Dialog ist besser als Beschimpfungen”

  1. Du hast so recht, Henning. Ich wohne nur 30 km entfernt von Köln. Meine, ich sag mal, heimatlichen Bindungen gingen nie in Richtung Niederrhein (—> Düsseldorf), sie zeigten immer nach Köln. Unter den Schreihälsen und Beschämern befinden sich viele von denen, die zuletzt gegen die DFL einen Punktsieg „erstritten“ hat. Offenbar glauben diese sogenannten Fans nun, sich alles herausnehmen zu dürfen. Für mich sind solche Leute Abschaum. Nicht mehr und nicht weniger. Dass die Polizei jeden Spieltag Fußballinteressierte (also nicht solche „Fans“) vor Gewalt beschützen muss, wird immer mehr zum Ärgernis. Aber man bekommt die krawalligen Arschlöcher nicht in den Griff. Ich gehe schon seit Jahren nicht mehr ins Stadion (in keines!), weil ich mich in diesem „Umfeld“ unwohl fühle.

    Was da erzählt wurde, ist entlarvend. Die sind so strunzdumm und verblendet, dass ein Dialog ganz unmöglich ist. Man hat schneller eine Faust im Gesicht als man gucken kann. Nee, dieser Staat sollte die Grundlagen unseres Zusammenlebens im Hinblick auf die Zunahme von Gewalt (gegen Kinder, gegen Frauen, gegen Andersdenkende) auf den Prüfstand stellen. Der Individualismus hat uns offensichtlich verdorben. Jedenfalls zu viele von uns.

  2. Lieber Henning,
    zu den Sprüchen der Kölner Fans muss man nichts sagen beziehungsweise es ist klar, dass so etwas nicht geht. Was mich viel mehr betroffen macht, ist, dass ich erkenne, wie auch ich manchmal klischeehaft reagiere und alle über einen Kamm schere. Man ist gegenseitig genervt, oft Wessi über Ossi und umgekehrt, und lässt dann auch einen Spruch ab. Du hast es gut geschrieben: Runter kühlen und miteinander reden. Wir haben alle viel zu verlieren, gerade jetzt angesichts der braunen Schreihälse, die unsere Demokratie abschaffen wollen und viel Schlimmeres.
    Danke für den Beitrag
    Stefan

  3. Jeder muss bei sich selbst anfangen und darüber nachdenken, warum wir selten respektvoll miteinander umgehen. Egal, ob man den anderen gerade mag oder nicht. Das ist kein Grund. Auch persönliche Probleme dürfen kein Grund sein. Wir müssen als Gesellschaft wieder mehr respektvolle Werte vorleben und uns gegenseitig akzeptieren. Dann wird es auch weniger Respektlosigkeit oder Gewaltbereitschaft geben. Vielleicht klinge ich jetzt wieder oberlehrerhaft. Ich will nicht den Moralapostel spielen, aber so kann es jedenfalls nicht weitergehen. Wir müssen endlich wieder mehr Respekt voreinander haben. Und miteinander reden wäre wirklich schon mal ein Anfang,

    Lorenzo

    1. Hi Lorenzo,

      wie Recht du doch hast. Irgendwas ist in der Gesellschaft gekippt. Und mich beschleicht die Sorge, dass das nicht zu reparieren ist.
      Es gab mal so ein Ding, das nannte sich Respekt. Das ist leider vielen abhanden gekommen. Und ja, das ist auch passiert, weil man nicht mehr richtig miteinander redet.

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