Neu-SPD-Chef und Kanzlerkandidat Schulz erklärte neulich in einem Interview, dass er gewinnen will. Das ist überraschend, sonst träte er ja nicht an. Wenn man ihm so zuhört, dann fragt man sich tatsächlich, woher denn diese akute Glückseligkeit der Sozialdemokraten kommt. Keine Frage, ich wünsche mir eine starke SPD. Und sei es nur, um die AFD klein zu halten. Aber ob das der ehemalige Bürgermeister von Würselen hinbekommt, kann niemand ernsthaft vorhersagen.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht. Aber mir kommt das ganze Theater bei der SPD relativ scheinheilig vor. Der Chef wurde ausgetauscht, aber alles andere ist ja irgendwie gleich geblieben. Ja, sogar die Wortwahl von Martin Schulz ist in Teilen exakt gleich zu der von Sigmar Gabriel. Trotzdem ertrinkt der kleine Mann im Applaus. Es fehlte eigentlich nur noch, dass Slips und Teddys in Richtung Rednerpult fliegen und Transparente mit „Martin, ich will ein Kind von dir“ hoch gehalten werden. Aber was hat sich denn nun großartig geändert?
Klar, Schulz menschelt. Er kommt nicht so elitär daher wie Gabriel. Aber auch er kann nicht darüber hinweg täuschen, dass es seine Partei war, die maßgeblich den Reichtum und die Einkommen in Schieflage gebracht hat. Nun wollen sie nichts mehr davon wissen. Und nun kommt Schulz daher und erzählt im Vorwärts-und-nicht-vergessen-Stil, dass er nun die „Riesenvermögen“ stärker besteuern lassen will, wenn – ja, wenn – er erstmal kanzlert. Aber was soll das eigentlich sein? Die Antwort darauf bleibt er schuldig. „Riesenvermögen“ jedenfalls, das klingt wie der neue Staatsfeind, schlimmer als der Islamische Staat.
Der ohne-Abitur-Schulz mit seinem Buchladen und seiner Na-und-ich-habe-auch-mal-gesoffen-Vergangenheit kommt daher wie „der Kumpel von umme Ecke“. Es wirkt, als ob große Teile der SPD denken, dass nun „endlich mal einer von uns“ daher kommt. Und deshalb hält man seine Reden für die ultimative Erkenntnis, die einfach mal so vom Himmel gefallen ist. Ich denke aber, dass Martin Schulz erstmal liefern muss, bevor man ihn als Messias hinstellt. Nicht, dass am Ende alles eine Inszenierung war.