Eine Gesichtspalme verleihe ich, wenn ich mir wegen irgendwas an den Kopf greife. So auch mal wieder bezüglich des Arbeitslosengeldes II. Eigentlich geht es mich ja nichts an, aber ich will einfach mal etwas loswerden, was das Arbeitslosengeld II / Hartz IV betrifft. Da wird ja auch immer wieder ziemlicher Unfug erzählt. Wie zum Beispiel über Ribnitz-Damgarten an der Mecklenburgischen Ostsee-Küste. Schauen wir mal.
Da wird behauptet, dass ein Bauunternehmer von 1,06 € Arbeitslosengeld II leben soll. Angeblich bezahlt das Jobcenter der Stadt auch weder Miete noch Strom. Strom und Wasser seien schon abgestellt, eine Räumungsklage sei eingereicht. Eine wirklich schlimme Geschichte. Und es heißt, dass das Jobcenter von Ribnitz-Damgarten von der Richtigkeit des Bescheids – oder was auch immer das sein soll – überzeugt ist.
Blöd nur, wenn ich dazu nichts weiter gefunden habe. Ich habe lediglich diesen einen Artikel dazu gefunden. Es lässt sich nicht nachvollziehen, woher die Informationen stammen. Da Ribnitz-Damgarten in der Region Rostock liegt, habe ich die dortige Zeitung gewälzt. Da in dem verlinkten Artikel von irgendwelchen Berichten die Rede ist, habe ich über verschiedene Suchmaschinen mit verschiedenen Browsern überprüft, wo diese Berichte sein sollen. Es tut mir leid, ich kann Ihnen da keinen Nachweis auf die Richtigkeit der Ausführungen liefern.
Es gibt immer wieder Gerüchte über die verlinkte Webseite. Die gebe ich hier nicht wider. Wer Interesse hat, kann dies sicherlich selbst recherchieren. Aber es scheint erst einmal so zu sein, dass der Artikel gewollt auf Wut und so setzt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dies wirklich so sein soll, wie es dort erzählt wird. Was ist also davon zu halten? Wenn Sie mich fragen, dass kann ich hier nur feststellen: Viel scheint da nicht dran zu sein.
Warum macht man das? Arbeitslosengeld II / Hartz IV ist verhasst. Immer wieder kommt es zu Problemen. Aber die sind wohl alle erklärbar. Man kann sich aber trotzdem hinstellen und Stimmung machen. Ich würde vielleicht zu anderen Ergebnissen kommen, wenn ich hier noch anderes Material vorliegen hätte. Aber ich glaube nicht, dass ein Jobcenter die zustehende Leistung mit nur einem Euro berechnet haben soll. Es kommt zu Fehlern. Aber solche? Das ist doch eher unglaubwürdig. Oder etwa doch?
Ein Bauunternehmer ist doch wohl zuerst mal selbstständiger
Handwerker, hier wahrscheinlich als Einzelperson ohne Angestellte. Wenn nun sein Betriebsergebnis, Gewinn sehr niedrig ist kann Er aufstockende Sozialleistungen beantragen.
Die Berechnungen dafür sind um einiges komplizierter als bei einem Lohnempfänger.
Weil hier Steuern, Betriebsausgaben, freiwillige Versicherung u.s.w. mit betrachtet werden müssen,
Diese niedrige Summe kann natürlich dann am Ende raus kommen, das hängt davon ab was Ihm als Regelbedarf ohne
sein selbstständiges Einkommen zustehen würde.
Die Anrechnung dieses Einkommen erfolgt wie bei jedem Anderen auch und wird auch monatlichen Schwankungen unterliegen, je nach Auftragslage.
ALG II bei Selbstständigkeit ist eine kompliziertes Thema.
Viele die dies beantragen werden gedrängt eine Festanstellung
anzunehmen, weil die Selbstständigkeit nur als Hobby oder
wenig lukrativ auch auf lange Sicht vom Jobcenter gesehen wird.
Ich halte diesen Bericht für Populismus. Der Schreiberling Marco Delgardo ist ein nicht ganz unbeschriebenes Blatt in der Medienbranche war u.a. der Manager vom doch sehr streitbaren Arno Dübel. Will sagen: Delgardo weiß also ganz genau,daß man mit provokanten Behauptungen zum Thema Hartz IV u.U. mächtig viel Aufsehen erregen kann. Der Umstand,daß nur sein Blog über den Fall berichtet, ist sehr verdächtig und drängt förmlich den Verdacht auf,daß es sich um einen Fake handelt.
Aber mal davon abgesehen: Wer schonmal in die Verlegenheit kam,als Selbstständiger ergänzendes ALG2 zu bekommen,der kennt die Marotten der Jobcenter. In der Branche,in der meine bessere Hälfte arbeitet,ist ergänzendes ALG2 für Selbstständige keine Seltenheit. Ihre beste Freundin war auch mal eine Zeit betroffen und hat mir die Unterlagen gezeigt,in denen irgendein sparwütiger Amtsschimmel „Einsparpotential“ bei den Ausgaben aufzeigte, aber damit verbundene Mehrausgaben an anderen Stellen oder technische Einschränkungen einfach ignorierte. Der schickte sogar Vorschläge für seines Erachtens billigere Bezugsquellen mit. Unnötig zu erwähnen,daß das Milchmädchenrechnungen waren,weil er Nebenkosten (z.B. Lieferkosten) und technische Inkompatiblitäten einfach ignorierte. Um es mal auf eine andere Branche zu übertragen: Wenn ein Automechaniker einen BMW reparieren soll,kann er auch nicht einfach (unpassende) Opel-Teile verwenden,weil die billiger sind.
Klar kann man mit so einem Blog-Artikel Stimmung machen.
Ich halte den nicht mal für ein Fake. Wahrscheinlich hat das Jobcenter sogar richtig gerechnet. Das sind halt die Risiken der
Selbstständigkeit. Dem Betroffenen bleibt der Klageweg.
Verwundern tut mich an dem Fall das das Jobcenter eine
selbstständige Tätigkeit genehmigt haben soll bei der man
50 Euro Minus im Monat macht.
Das würde bedeuten das ihm der volle Regelsatz + Miete
zustehen würde und er die 50 Euro minus aus seinem Regelsatz ausgleichen müsste.
Vielleicht zuerst mal richtig kucken, bevor man Vollprofis der Lüge bezichtigt: http://www.ostsee-zeitung.de/Region-Rostock/Ribnitz-Damgarten/Hartz-IV-Aerger-1-06-Euro-soll-zum-Leben-reichen