2019 war das Jahr, in dem die gespielte Empörung so richtig um sich griff. Worüber hat man sich nicht alles aufgeregt! Ganz ehrlich: Diese Gesellschaft wäre weiter, wenn wir auf so etwas zukünftig verzichten würden. Obwohl ich weiß, dass es mir nicht gänzlich gelingen wird, versuche ich es zumindest, realistisch zu sein. Ach, und wir müssen positiver denken. Ohne Flachs.
Was ist für mich gespielte Empörung?
Ende des Jahres 2019 gab es gegen den Westdeutschen Rundfunk einen Shitstorm. Der Sender hatte es gewagt, Omas zu beschimpfen. Als „Umweltsau“ wurden sie bezeichnet. Ich will das nicht wiederholen. Es wurde auch genügend dazu geschrieben und erzählt. Wenn ich nun auch noch da mit einstimme, wem ist denn damit geholfen? Genau: Niemandem.
Jedenfalls empörte man sich. Und zwar so sehr, dass das Funkhaus des WDR und Privatadressen von Journalisten und Redakteuren belagert wurden, Morddrohungen einliefen und sich viele Leute ihres Lebens nicht mehr sicher waren. Aufgeheizt wurde das durch jede Menge gespielte Empörung. Und das sorgt bei mir für Entsetzen.
Denn die Beschimpfung war eben einfach nur dummes Zeug. Darüber entfachte sich aber fast ein Bürgerkrieg. Ganz ehrlich: Wenn mit gleichem Enthusiasmus gegen Pflegenotstand und Krankenversorgung und dergleichen protestiert werden würde, wären viele Probleme im Land gelöst. So aber bleibt es gespielte Empörung.
Fallt nicht auf die Seelenverkäufer rein!
Es gibt sie überall, die Seelenverkäufer. Seid vorsichtig bei der Entscheidung, was ihr für wahr und was für falsch haltet. Fallt nicht so schnell auf diese gespielte Empörung rein. Ich kann darauf verzichten. Ihr solltet das auch tun. Glaubt es mir einfach, ihr lebt einfacher und ruhiger auf diese Weise.
Ob es nun „der Oma hassende Kinderchor“ gegen „die Oma liebenden Nazis“ ist. Ob es „Plastik-Verpackungen werfende Teilnehmer von Fridays for Future“ gegen „die Umwelt verpestende Diesel-Autos for Future“ ist. Lasst euch nicht einfach so vor irgendeinen Karren spannen. Das ist die derzeit größte Gefahr für diese Gesellschaft.
Bedenkt immer, dass diejenigen, die möglichst markig daher kommen mit ihren formschön gedrechselten Sprüchen, immer etwas bestimmtes bezwecken wollen. Die machen das nicht zum Wohle der Menschheit oder was sie euch erzählen. Beobachtet mal, was um euch herum passiert.
Am Ende fährt vielleicht ein verbohrter SUV-Fahrer über den Kopf eines Teilnehmers von Extinction Rebellion, weil der auf der Straße liegt. Oder es brennen ganze Städte. Vielleicht marschiert auch wieder eine neue gebildete Armee mit Fackeln durch die Gegend, wie es in der deutschen Geschichte bereits belegt ist. Macht nicht mit, wenn ihr gespielte Empörung erkennt.
Was ich mir wünsche: Lösungen statt Palaver
Ich glaube, jedem ist klar, dass sich die Welt im Wandel befindet und diese kaputte Gesellschaft sich auch verändern muss. Das erreicht niemand damit, dass alle Welt dummes Zeug brüllt und auch vor Gewalt nicht zurück schreckt. Dies haben wir ja hinlänglich im Jahr 2019 erlebt. Das brauchen wir 2020 nicht gleich wieder.
Ich wünsche mir, dass jeder in dieser durch allgegenwärtigen Populismus kaputten Gesellschaft seinen Teil beiträgt, um Lösungen zu finden. Mitmachen, nicht nur palavern. Denn niemand will ernsthaft diese abgrundtief schlimme Zeit nach der Weimarer Republik zurück.
Na gut, fast niemand. Ein paar verrückte gibt es immer. Lassen wir die gespielte Empörung aber hinter uns, haben wir die Chance, die Gesellschaft zu erneuern, ohne dass es Krieg geben muss. Diese Aussicht gefällt mir ganz gut. Und wem noch?
Ich meine letztlich: Wem ist denn mit diesem ganzen Empörungstourismus geholfen? Wer hat etwas von dieser jämmerlichen Folklore? Können wir bitte irgendwann wieder im realen Leben ankommen? Denn ganz ehrlich: Es gibt wichtigere Themen. Und: Eine Spott-Version eines Kinderliedes darf diese Gesellschaft nicht spalten. Wenn, dann ist das Land kaputter, als ihr alle denkt.
So gespielt fand ich die Empörung gar nicht. Ich hab gleich drei Artikel dazu geschrieben. Mit ziemlich Puls.
Das mag sein. Die Nummer mit der Omma ist ja nur eins der vielen Beispiele, wie im Jahr 2019 die Empörungswellen abgingen. Anhand dieses Beispiels wollte ich genau darauf Bezug nehmen. Denn ich nehme einfach mal an, ohne „ziemlich Puls“ könnten wir weiter kommen. Das ist aber nur so eine fixe Idee.
Es ist wahr, dass viele (ich auch) zu schnell und zu emotional auf viele Dinge reagieren. Mehr Gelassenheit wäre besser. Nun, da habe ich mir schließlich doch noch einen Vorsatz für 2020 abgerungen :-)
Na, wenn das nichts ist… Ich bin auch immer viel zu schnell über Stöckchen gesprungen, die mir hingehalten wurden. Das mache ich nun künftig weniger. Zumindest ist das – haha, Überraschung – auch ein Vorsatz von mir.