Da gab es doch mal dieses Gedicht von Satiriker Jan Böhmermann. Der türkische Präsident hatte deshalb auf ihn Hatz gemacht. Und jetzt ist der nächste dran. Weil es keine Majestätsbeleidigung geben darf, darf es eben auch keine Unterstützung dieser geben. So einfach ist das Denken in der Türkei. Und deshalb ist jetzt gleich der nächste vor die Klage-Flinte von Erdo?an gehüpft. Es handelt sich um den Vorstandsvorsitzenden des Axel Springer Verlags, Mathias Döpfner. Nun ja, reden wir kurz darüber.
Es ist eine schmale Gratwanderung, die Satire veranstalten muss. Denken wir Charlie Hebdo. Satire muss freilich Grenzen ausloten und überschreiten. Satire muss sich dabei auch mal eine blutige Nase holen. Aber am Ende bleibt man ratlos vor der Frage hocken: Was darf Satire? Alles, sagen die Einen. Es muss im Rahmen bleiben, sagen die Anderen. Ja, was denn nun? Ja, ich bin mir da selbst nicht ganz schlüssig darüber. Auf jeden Fall muss Satire geltendes Recht einhalten. Bis wohin das geltende Recht führt, muss die Satire aufklären.
Jedenfalls wird viel auf die Redefreiheit und Meinungsfreiheit und all das verwiesen, wenn es um das Schmähgedicht von Jan Böhmermann geht. Und das Gedicht spaltet ja auch die Nation und belastet nicht nur die deutsch-türkischen Beziehungen. Es gibt Unterstützer, und es gibt Ablehnung. Und wer öffentlich seine Unterstützung bekundet, könnte mit juristischen Konsequenzen zu rechnen haben.
Mathias Döpfner hatte in einem offenen Brief an Jan Böhmermann bekundet, dass er das Gedicht gelungen findet. Döpfner habe sich köstlich amüsiert und sich den Formulierungen und Schmähungen inhaltlich voll und ganz angeschlossen. Der deutsche Medienanwalt des türkischen Präsidenten, Ralf Höcker, hatte Unterlassungsklage gegen den Springer-Chef eingereicht und will notfalls auch mehrere Instanzen mitmachen.
Es sei wie bei einer „Massenvergewaltigung“ gewesen, hat er wohl erzählt. Am Ende beruft sich Höcker auf die Menschenwürde, die wohl nach Artikel 79, Absatz 3 des Grundgesetzes auch über der Presse-, Kunst- und Meinungsfreiheit stehen würde. Und soweit kann ich folgen. Ich würde zwar nicht so eine drastische Formulierung nutzen, aber ich kann das nachvollziehen.
Böhmermann hatte Erdogan in der Tat kübelweise die Gülle über den Schädel gegossen. Irgendwann ist es dann auch mal genug. Und dann hört der türkische Präsident Beifall aus allen Ecken. Das ist schon erniedrigend. Das kann ich schon verstehen. Und nachdem ich mir nicht sicher bin, ob der Satiriker nicht doch etwas zu weit gegangen ist, kann ich rechtliche Konsequenzen auch nachvollziehen.
Aber wie der türkische Präsident sich zeitweise verhält, darf meiner Ansicht nach durchaus kritisiert werden. Auch drastisch. Man darf seinem Unmut freien Lauf lassen. Selbstverständlich. Aber wo soll man dann innehalten? Und es hat sich in der Sache eigentlich nur eine handelnde Person lächerlich gemacht. Nämlich Bundeskanzlerin Merkel, die einen Kotau vor Ankara hingelegt hat und alles daran setzte, die politischen Beziehungen zwischen beiden Nationen nicht noch weiter zu gefährden.
Nein, Döpfner muss sich sicherlich keine großen Sorgen machen, was die Klage gegen ihn betrifft. Am Ende zeigt sich aber, wie nervös der türkische Präsident ist. Wer weiß, was am Ende wirklich im Busch ist. Deutschland muss aber aufpassen und darf den Zeitpunkt nicht verpassen, an dem die Pressefreiheit dem Präsidentenpalast in Ankara vor die Eingangstür geworfen werden soll. Dann hat die Demokratie den wichtigsten Fuß abgeschlagen bekommen. Und das kann nicht mal die deutsche Politik wollen. Oder täusche ich mich?