Ich finde das Zitat nicht mehr. Jedenfalls sagt man ja, dass Medien wie Liftboys im Fahrstuhl sind oder so. Man fährt nur mit ihnen hoch, und genauso fährt man mit ihnen wieder herunter. So oder so ähnlich wurde es bei Skandalen und Skandälchen immer wieder erzählt. Ich erinnere nur an die unsägliche Hetze gegen Christian Wulff oder die Sache rund um Uwe Barschel.
Die Medien haben eine gewaltige Macht. So mindestens ist es in Deutschland. Oder sagen wir mal: So war es. Denn die Medien sind eigentümlich einsilbig zum Thema Abhören geworden. Es werden einzig und allein nur Politiker-Absonderungen kund getan oder halbherzig irgendwelche Kommentare abgegeben. Die wirkliche Aufgabe wird verfehlt. Aber gerade jetzt müssten die Medien ihrer Arbeit nachgehen. Und das muss ich mal eben kommentieren. Von der Fensterbank, wie immer.
Ich lese immer wieder recht gern den Stefan Plöchinger. Der ist Chefredakteur bei der Süddeutschen Zeitung und Blogger. In seiner Eigenschaft, Chefredakteur zu sein, kommt er immer wieder mit teils bissigen Kommentaren daher. So auch in seinem neuen Machwerk von gestern Nachmittag.
Er kommentiert die Aktionen in London rund um den Partner und Kollegen von Glenn Greenwald. Die Guardian-Journalisten werden ja ziemlich drangsaliert ob der Enthüllungen rund um PRISM, Tempora und XKeyScore. Greenwalds Partner zum Beispiel wurde geschlagene 9 Stunden auf dem Londoner Flughafen Heathrow festgesetzt und verhört. Außerdem wurde angewiesen, Technik zu zerstören. Und Stefan Plöchinger schreibt dazu, dass es für Journalisten keine Sicherheit mehr geben würde, im Verborgenen zu agieren.
Da muss ich wirklich dazu sagen, dass das nun wirklich für die Medien ein Elfmeter vor einem leeren Tor ist. Aber ich vermute, dass sie hier genauso halbherzig sein werden, wie die Piraten die ganze Zeit wahrgenommen werden. Den Elfmeter muss man nur anstoßen, der Ball kullert von selbst ins leere Tor. Für die Medien bedeutet das: Sie müssten nur kritisch genug darüber berichten. Nicht einfach halbherzig irgendetwas nachlallen, was irgendwer aus der politischen Kaste abgesondert hat.
Äußert euch doch einfach so kritisch, wie es euch gebührt. Die Medien werden nicht ohne Grund als „vierte Gewalt im Staat“ angesehen. Nun sollten die Medien diese Macht auch nutzen. Statt sich über die Piraten zu amüsieren, sollten sie ihnen eine echte Chance geben. Statt auf das Leistungsschutzrecht zu pochen, sollten sie lieber dafür sorgen, dass die kritische Berichterstattung, die man von ihnen erwartet, möglichst weit getragen wird. Alles, was es zu den Abhöraktivitäten der Geheimdienste zu sagen gibt, muss jeder Mensch erfahren und begreifen, dann kann sich wenigstens keiner mehr hinter Unwissenheit verschanzen.
Stefan Plöchinger hat in seinem Kommentar in der Süddeutschen Zeitung (die ich trotz Leistungsschutzrecht verlinke) richtigerweise geschrieben, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis Techniken wie das Tor-Netzwerk oder Email-Verschlüsselung von den Geheimdiensten infiltriert ist, um auch auf diesen Wegen abzuhören. Daher gibt es nur einen Weg: Es muss offensiv darüber berichtet werden.
Werden sie wie im Fall von Greenwalds Partner in ihrer Arbeit behindert, ist das meiner Meinung nach ein Eingriff ins System, denn Medien gelten gemeinhin als systemrelevant. Dagegen sollten sich die Medien wehren und umso offensiver über Dinge berichten, die derart in die Rede-, Meinungs- und Pressefreiheit eingreifen. Und die Medien würden wahrscheinlich Bauklötzer staunen, aber die Piraten würden ihnen dabei helfen.
Wacht auf, Medien! Ihr habt einen Auftrag. Ihr sollt die Bürger informieren und aufklären. Wenn ihr ernst genommen werden wollt, dann seid authentisch. Statt Pressemeldungen abzuschreiben oder aufzusagen, recherchiert selbst und veröffentlicht die Ergebnisse ohne ein Blatt vor dem Mund. Nur dann wissen die Bürger, wie die Politik sein kann. Fahrt mit ihnen Fahrstuhl, aber nicht um der eigenen Publicity-Geilheit wegen, sondern der Wahrheit wegen.
Bis jetzt – also ungefähr 2 Monate nach den ersten Meldungen rund um Edward Snowden – weiß der Normalbürger zwar, dass da etwas ist. Aber man versteht nur die Hälfte. Wo sind denn die Sondersendungen und Extrablätter? Wo sind die markigen Überschriften der großen Boulevard-Zeitung? Nichts passiert. Nur technokratisches Geschwafel aus Pressemeldungen. Das reicht nicht, um den Bürger zu sensibilisieren. Und das reicht nicht in einer solchen Situation.
Darum noch einmal: Wacht auf, Medien! Klärt jeden auf. Damit dieser ganze Kram ein Ende nimmt. Denn niemand hat das Recht, sich in die Privatangelegenheiten einzumischen. Und Leute einfach mal so aus einer Laune heraus festzuhalten, ist doch irgendwie Freiheitsberaubung. Wenn es keine objektive Justiz dagegen gibt, muss es wenigstens objektive Medien geben. Ihr könnt das doch, also macht es.
Also meine pers. Meinung zum Fall Wulff…
Von mir aus kann der sich 10 Häuse von „freunden“ finanzieren lassen.
Aber bei einer Sache ging er entschieden zu weit:
Einflussnahme auf die Medien durch bekanntes Telefonat.
Das ist ein No Go.
Darum gehört er auch abgesetzt.
…und nicht wegen der Finanzaffäre.
Nun ja, bisher ist das angebliche Telefonat ja nicht bewiesen, oder habe ich etwas nicht mitbekommen? Das dazu.
Das Thema des Artikels ist aber ein anderes: Die Medien sollen sich endlich trauen, offensiv zu Abhördingen zu berichten. Es klingt immer nach aufgewirbeltem Staub, aber prinzipiell plaudern sie nur das nach, was Politik und Geheimdienste so erzählen.
Sie echauvieren sich über Hetze gegen Wulff, Barschel & Co. machen aber bei anderen Themen fleissig mit und publizieren ohne genauere Prüfung Texte Dritter. Ist das nicht sehr heuchlerisch?
Ich weiß nicht, was Sie an dem Artikel „heuchlerisch“ finden. Vielleicht könnte man mich dahingehend aufklären.
Und wo publiziere ich „ohne genauere Prüfung Texte Dritter“? Ich denke schon, dass ich prüfe. Stefan Plöchinger hat in meinen Augen Recht mit seinem Erguss in der SZ. Ich gehe davon aus, dass Sie den gelesen haben, bevor Sie mich kritisieren.